ThyssenKrupp bietet Gladbeck Bergbauhalde für einen Euro an

ThyssenKrupp bietet Gladbeck Bergbauhalde für einen Euro an
ThyssenKrupp will der Stadt Gladbeck eine 4ha großen Halden-Waldfläche für 1 Euro verkaufen. Gladbeck ist ungeachtet des Altlastenverdachts interessiert. Logo und Wappen von Wikipedia.

Stadt will Bergbauhalde mit Altlastenverdacht für 1 Euro kaufen

16.12.2023 – ThyssenKrupp – Die Beseitiung des Haldenwaldes an der Gladbecker Steinstraße wird von der Stadtverwaltung mit großer Intensität betrieben. Die NGZ hat die klimatische und ökologische Bedeutung der fast 4 ha großen Waldfläche bereits hier erörtert. Das Vorhaben der Stadt ist darüber hinaus mit erheblichen finanziellen Risiken verbunden.

Die Fläche befindet sich heute im Eigentum des Konzerns ThyssenKrupp. Es handelt sich um ein wertloses Grundstück, das unter Altlastenverdacht steht. Aufgeschüttet wurde die Halde bis 1920. Damals gab es weder Umweltauflagen noch Dokumentationspflichten über die dort abgekippten Materialien. Als Betriebsfläche der Zeche Moltke wurden dort vermutlich Produktionsrückstände, u.a. auch von der nachbarschaftlichen Kokerei der Zeche entsorgt, und zwar ohne Rücksicht auf ihre Gefährlichkeit für Mensch und Natur. Was sich wirklich in der Halde befindet, wird erst beim Abräumen ihres Materials erkennbar sein. Daher ist es verständlich, dass der jetzige Eigentümer das Grundstück gerne los wäre und er es der Stadt für einen symbolischen Euro anbietet. Sämtliche Altlastenrisiken und damit die Kosten für die Entsorgung ginge an den neuen Eigentümer, die Stadt Gladbeck, über.


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Stadt Gladbeck glaubt an ein gutes Geschäft

Die Stadt hat für das Areal große Pläne. Es soll Teil eines Gewerbegebietes werden, auf dem Gewerbegebäude errichtet werden sollen, bis zu sechs Geschosse hoch. High-Tech-Unternehmen sollen bevorzugt angesiedelt werden. Das Altlastenrisiko redet die Verwaltung klein, weil eigene Untersuchungen am Rande des Grundstücks ohne Befund gewesen seien.

Nach Grundstücksübernahme rechnet sie mit Kosten in Höhe von 21 Mio. Euro für die Aufbereitung der Fläche. Zur Finanzierung der Summe hat sie folgende Rechnung aufgemacht: Mit dem Verkauf des dann baureifen Landes ließen sich 10 Mio. Euro erzielen, die übrigen 11 Mio. Euro will man sich über einen EU-Fond holen.

Ratsfraktionen bezweifeln städtisches Zahlenwerk

Nachdem die Linke im Rat Zweifel an dieser Berechnung angemeldet hatte, zeigten sich auch die Grünen und die BIG-DKP skeptisch. Was sind die Gründe?

Erster Grund: Die angesetzten 21 Mio. Euro für die Abbaggerung der Halde reichen dann nicht aus, wenn tatsächlich nennenswerte Altlastenmengen in Abraum gefunden werden sollten. Die müssten dann sehr teuer als Sondermüll entsorgt werden und aus 21 Mio. könnten schnell 30 oder sogar 40 Mio. Euro werden. Auf Anfrage der Linken im Kreis hat der Landrat in Recklinghausen mitgeteilt, dass für die Halde das Risiko für Altlasten bestehe und dass der Kreis sich nicht an den Kosten für die Beseitigung beteiligen werde.

Zweiter Grund: Der Verkauf der Gewerbegrundstücke und das Erzielen von Einnahmen würde sich über viele Jahre hinziehen, wogegen die 21. Mio. für das Abbaggern sofort fällig wären. Die Stadt weist sogar selbst darauf hin, dass die von ihr bezeichneten Filetgrundstücke mit einem direkten Zugang zur neuen Verbindungsstraße auf dem A52-Tunnel erst nach dem Bau des Tunnels veräußert werden können, was 10 oder 20, vielleicht sogar 30 Jahre dauern wird. Hier wäre eine Risikofinanzierung nötig, die bei wieder steigenden Zinsen den städtischen Haushalt erheblich belasten würde. Und das vor dem Hintergrund eines defizitären Haushaltes 2024. Die Kämmerin erwartet sogar erst 2030 wieder einen ausgeglichenen städtischen Haushalt.

Dritter Grund: Bei dem zur Diskussion stehenden EU-Fördertopf geht es um die Wiedernutzbarmachung von Industriebrachen. Kommunen sollen die Wirtschaft durch Aufbereitung von industriellen Brachflächen zu vermarktbaren Gewerbeflächen fördern können. Dazu meldet das Land NRW Projekte aus den Kommunen nach Brüssel. Voraussetzung ist aber, dass die zur Subvention eingereichten Flächen altlastenfrei sind. Wenn Altlasten zur Debatte stehen, fließt kein Fördergeld.

Auch der BUND gegen Haldenkauf

Der BUND hat darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Haldenwald nicht um eine Brache im Sinne der Förderrichtlinien handelt. Nach 80 Jahren ungestörtem Wachstum sei eine außergewöhnliche Naturlandschaft mit einer in Gladbeck einmaligen Flora und Fauna entstanden, die offiziell als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen ist. Der BUND hat sowohl die Gladbecker Verwaltung und Parteien darauf hingewiesen und insbesondere auch das für die Förderung zuständige Wirtschaftsministerium in Düsseldorf.

Vorschlag zur Risikominderung von SPD und CDU abgelehnt

Trotz dieser vielen offenen Fragen und Finanzierungsrisiken unterstützen SPD und CDU den geplanten Kauf des Grundstücks. In den städtischen Gremien haben sie zur vorgetragenen Kritik keine Stellung bezogen.

DIE LINKE hat im Rat vorgeschlagen, den Kauf der Halde von ThyssenKrupp für nur einen symbolischen Euro an Bedingungen zu knüpfen. Erstens soll ThyssenKrupp für die Beseitigung von Altlasten verantwortlich bleiben und die Stadt von Kosten für der Entsorgung freigestellt sein. Zweitens soll der Kaufvertrag nur dann gültig sein, wenn der Stadt ein Förderbescheid aus Brüssel vorliegt. So könnten die Risiken kalkulierbar gemacht werden, auch wenn das Problem der Risikofinanzierung bis zum Verkauf des Baulandes weiter ungelöst bliebe.

Die Stadt lehnte diese Absicherung im Dezember 2023 ab und beharrt auf baldigem Kauf inklusive aller finanziellen Gefahren. SPD und CDU sind ihr dahin gefolgt. Die Grünen, die Linke, BIG-DKP und die AfD wollen diesen riskanten Kauf so nicht.

Verantwortliche bei Altlastenfund nicht mehr zu halten

Sollten beim Abtragen des Materials entgegen der Behauptung des Stadtbaurates im Planungsausschuss („Vergiftet ist hier nichts.“) Altlasten auftauchen, sind die Arbeiten sofort einzustellen. Oder die dann unvermeidlichen hohen Entsorgungskosten müssten die Gladbecker Bürgerinnen und Bürger aus eigener Tasche tragen. In beiden Fällen wäre der Stadt ein heftiger Schaden entstanden.

Der Stadtbaurat und die Kämmerin wären nicht länger zu halten. Die Spitzen von SPD und CDU in Gladbeck müssten sich fragen lassen, wie sie angesichts einer solchen Fehlentscheidung weiterhin politische Verantwortung tragen können.


Polizeibericht aus Gladbeck Mitteilungen der Stadt Gladbeck

7 Kommentare

  1. SPD und CDU im Rat der Stadt Gladbeck wie auch die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung haben sich offensichtlich völlig von der Realität abgekoppelt und leben auf einem anderen Planeten, da Planungs-Schäden ja immer vom Bürger bezahlt werden…
    Die einzigen am Deal Beteiligten, die genau wissen wie hoch das Risiko ist, sind die Manager von Thyssen-Krupp. Wenn die Halde leicht zu entsorgen wäre hätten sie das Gebiet schon lange zu Geld gemacht. Aber so ist man die Verantwortung los und bekommt noch einen ganzen Euro oben drauf… in der Summe ein Millionengewinn für den Konzern durch entfallendes Risiko. Die Herren im Vorstand werden dafür sicher einen Bonus bekommen.

  2. Für dieses unverantwortliche Handeln, welches mit hohen finanziellen Risiken für die Stadt Gladbeck verbunden ist, sehe ich die entscheidenden Gremien in der Verantwortung. Ein hoch bezahlter Beamter der hier Fachlichkeit durch Mutmaßungen versucht den ehrenamtlichen Ratsmitglieder zu suggerieren, sollte bereits heute und rechtzeitig vom Kontrollgremium in die Schranken gewiesen werden, statt unqualifiziert und ohne fachlichen Hintergrund beklatscht und abgenickt zu werden. Mit Unwissenheit lässt sich ein konkreter Altlastenverdachtsfall nicht später lapidar rechtfertigen. Hier steht scheinbar der Tatbestand von fahrlässigen Handlungsgebaren im Raum. Angesichts zahlreicher Referenzbeispiele im Ruhrgebiet, wo nahezu jede Abraumhalde aus vergleichbarer Zeit, erhebliche Altlasten enthält, ist die Relativierung und Schönfärberei des Wahlbeamten mutmaßlich als „grob fahrlässig“ anzusehen. Als Bürger dieser Stadt habe ich ein hohes Interesse, dass ein finanzielles, derzeit unabsehbares hohes Kostenrisiko im Sinne aller Bürger dieser Stadt erst gar nicht in Betracht gezogen wird. Sollte der Stadt Gladbeck und das ist hier bereits detailliert beschrieben worden, ein hoher Kostenschaden entstehen, sollte im Zuge einer Regressforderung durchaus zwischen einem dienstlichen und einem zivilrechtlichen Vergehen vor Gericht abgewogen werden. Unter der Begrifflichkeit „versteckte Mängel“ ist dann durchaus noch bis zu 30 Jahre die Haftung gegenüber den Verantwortlichen rechtlich durchzusetzen.

    Sollte der symbolische Kauf der Abraumhalde einschließlich seiner zu erwartenden Altlasten noch vor Beantragung eines Förderantrags abgewickelt werden, wäre dieses bereits eine Vorleistung und würde bei jedem Fördermittelgeber ein Ausschlusskriterium in der Antragsphase bewirken. Das betrifft sowohl EU-, Bundes- als auch Landesförderungen und sonstige Fördermittelgeber.

    Das ganze Projekt ist schon jetzt ein absehbares Fiasko und der laienhaft wirkende Umgang mit dem Artenschutz ist hier noch nicht einmal erwähnt.

    Was für ein Murks aus der Sicht von Menschen die tagtäglich
    mit Altlasten und Brachflächen im Ruhrgebiet zu tun haben?

    Man kann sich nur an den Kopf packen wie einfach doch die Welt in Gladbeck zu sein scheint.

  3. Was stimmt mit der Stadtverwaltung nicht? Da langt man sich an den Kopf.
    Ich verfolge diese Diskussion um die Halde schon länger aus der Ferne, als gebürtiger Gladbecker. Ich hoffe, dass hier genug Widerstand aufgebaut und dass dieses Vorhaben gestoppt wird.

  4. Bergschadensverzicht, Altlastenfreistellung und Finanzierungsvorbehalte gehören bei Grundstücksverhandlungen im Ruhrgebiet zum festen Instrumentarium von Maklern, Notaren, Anwälten und professionellen Beratern. Je mehr ein Kaufangebot vom üblichen Quadratmeterpreis nach unten abweicht, desto wichtiger werden diese Risikoabgrenzungen für einen fairen Deal. Wenn jemand ein Grundstück verschenken möchte, ist das für die Fachleute zum Schutz der Käuferseite Alarmstufe rot. Das Angebot von ThyssenKrupp zum Verkauf der Halde für einen symbolischen Euro ist ein vergifteter Lockvogel.

    Der Vorstoß der kleinen Ratsfraktionen, mit denen sich der Artikel befasst, ist nichts anderes als ein Hinweis auf die für diesen Fall bewährten und wirtschaftlich notwendigen Verhandlungsinhalte. Dass die großen Ratsfraktion den Vorschlag ohne tragende Argumente abgelehnt haben, ist schwer verständlich. Wahrscheinlich vermuten die Macher in ihren Reihen hinter der sachlich kaum angreifbaren Initiative einen verdeckten (vielleicht sogar kommunistischen!) Winkelzug einer Randgruppe, deren Aktionen sie als lupenreine Demokraten generell nicht beachten.

    Das kann zum Rohrkrepierer werden. Aufgrund der unbegründeten Ablehnung des Antrags im Hauptausschuss kann sich die Verwaltung jetzt als legitimiert betrachten, die von sorgfältigen Kaufleuten erprobten Pfade der Vertragsgestaltung zu verlassen. Anstelle einer seriösen, für das arme Gladbeck interessengerechten Übernahme der Halde hat der Stadtbaurat schon jetzt angekündigt, den Kauf zu einer hoch riskanten Wette auszugestalten: Darauf, dass (1.)die Halde tatsächlich altlastenfrei ist, dass (2.) die Stadt die von ihr erhofften EU-Subventionen zur Finanzierung der Haldenbeseitigung wirklich einfahren kann und dass (3.) der Bund die Autobahn A52 samt Tunnel trotz aller politischen Vernunft und anderweitiger Prioritäten tatsächlich bauen wird.

    Solche Wetten sind Funktionsträgern der öffentlichen Hand bei Androhung von Strafen und Schadenersatz verboten. Sie könnten für Gladbeck sehr teuer werden und würden angesichts der Überschuldung der Stadt an vorsätzliche Veruntreuung grenzen. Nur weil verantwortungslose Stadtplaner ihren Tagtraum von einem Gewerbegebiet durchboxen wollen, dürfen die Bürgermeisterin, der Rat und die Zivilgesellschaft ihrem Ansinnen so nicht folgen.

    Bekanntlich hält sich die Stadtverwaltung hoch bezahlte Finanzspezialisten, die für einen sorgsamen Umgang mit den knappen Einnahmen und den enormen Schulden der Stadt zu sorgen haben. Ihre Juristen haben die rechtliche Risiken bei Verträgen mit Dritten zu begrenzen. Sie können die Illusionen einäugiger Stadtplaner rechtzeitig stoppen. Gerade dann, wenn der Rat seine Kontrollfunktion bislang massiv außer Acht lässt.

  5. Es ist unglaublich, wie eine Horde von „Experten“ hier in Gladbeck ihr Unwesen treibt !

    Vorschläge von Bürgern, die echte Experten sind, werden verworfen, weil sonst die wahre Dummheit der Stadtverwaltung ans Licht kommen würde. :-((

  6. Ich habe mich bereits negativ über den Erwerb geäußert.
    Die Halde sollte so erhalten bleiben wie sie ist, eine Übernahme für 1€ sieht im ersten moment Preis günstigt aus.
    Die Halde wurde vor mehr als 100 Jahren aufgeschüttet.
    Asbest zum Beispiel war ein Fremdwort und wurde erst etwas später 70er Jahre als Krebs erzeugend deklariert, was sich im Haldeninnern befindet sollte wohl auch da bleiben.
    Man wird hier keinen Schatz finden.
    Die Innenstadt wird weiter verweisen, vielleicht kümmert man sich darum mal.
    Einfach ein Kreuz (oder ein großes Alwinchen) auf dem Berg bisschen mit Licht an strahlen (Visueller Effekt heute genannt) fertig.

  7. „“Gladbeck glaubt““##
    Glauben hieß schon immer = nicht wissen !!
    ABER hier ist ja, für Niemanden ein finanzielles (persönliches )
    Risiko ;
    what happend wenn’s inne Hose geht ? == NIX ==
    sind ja „nur“ die Steuerzahler die die Arschkarte ziehen werden …
    mehr nicht
    Selbst wenn da der eine o. andere den *Hut* nimmt;
    Sauber raus ist derjenige doch immer ! Leider

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