ÖPNV in Gladbeck – einiges liegt da im Argen

ÖPNV in Gladbeck - einiges liegt da im Argen
"Graue fensterlose Blechwände mit Wellblechdach (!) wie in einem Entwicklungsland", so beschreibt Dr. Norbert Marißen die Haltestelle am Marktplatz. Foto: Dr. Norbert Marißen

Masterplan Verkehr enthüllt: viel Tristesse bei Bussen und Bahnen in Gladbeck

Das allgemeine Klimaziel    –    von Dr. Norbert Marißen

19.02.2023 – ÖPNV in Gladbeck –  Ziel ist, dass Deutschland bis zum Jahr 2030 55 Prozent weniger klimaschädliche Treibhausgase wie CO2 ausstößt. Die dafür notwendigen Einsparungen gelten nach Aussage der Bundesregierung auch für den Verkehrsbereich. Das Auto öfter einmal stehen zu lassen und anders mobil zu sein, wäre eine wichtige Unterstützung für dieses Ziel.

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Autofahren weiter vorn

2022 wurde im Kreis Recklinghausen untersucht, wie sich die Menschen fortbewegen. Bei einer repräsentativen Befragung gaben sie an, wie häufig sie sich an einem normalen Werktag mit dem PKW, dem ÖPNV, dem Fahrrad oder zu Fuß bewegen (www.kreis-re.de/inhalte/buergerservice/auto_und_verkehr, dann linke Spalte: Masterplan Mobilität). Für Gladbeck herausgekommen ist, dass die meisten Wege mit dem Auto gemacht werden, nämlich knapp 60 Prozent. Selbst der große Nachbar Essen will bis 2035 erreichen, dass nur 25 % der Wege innerhalb seiner Stadtgrenzen mit dem MIV (motorisierter Individualverkehr) erfolgen. Das 25%-Ziel verfolgt auch der RVR für das gesamte Verbandsgebiet.

In Gladbeck befindet man sich nicht einmal in Reichweite davon. Selbst bei kurzen Wegen unter 2 km wird das Auto häufiger benutzt als das Fahrrad. Auf dem Weg zur Arbeit steigen über 70 Prozent der Berufstätigen in das Auto und damit mehr als in den meisten Städten im Ruhrgebiet wie Essen, Dortmund, Oberhausen oder Mülheim adR. Eine Tendenz weg vom Auto ist im Kreis und auch in Gladbeck nicht auszumachen, und eine CO2-Reduktion im Verkehr so nicht möglich.

ÖPNV in Gladbeck – Verlierer ÖPNV

Kaum jemand hat in Gladbeck Lust, den ÖPNV zu benutzen. Nur 5 (!) Prozent aller Wege entfallen auf Busse und Bahnen. Dass es auch anders geht, zeigen die Menschen in Dortmund (22% aller Wege), Essen (19% aller Wege), Mülheim adR (18% aller Wege) oder Oberhausen (14% aller Wege). In vorbildlichen Städten entfallen auf den ÖPNV über 20 Prozent aller Wege (Berlin 27%, Nürnberg 25%, München 24%, Stuttgart 23%).

Busse in Gladbeck nur für den Schülertransport von Bedeutung

Die niedrigen Nutzerzahlen belegen, dass das ÖPNV-Angebot hier mehr als mangelhalft ist. Innerstädtisch ist der ÖPNV in Gladbeck quasi bedeutungslos, erst ab Entfernungen von 5 km aufwärts steigt sein Anteil. Die durchschnittliche Länge einer Busfahrt von GladbeckerInnen beträgt 9 km und führt damit über die Stadtgrenze. Beim Einkaufen, in der Freizeit oder bei privaten Erledigungen spielen Busse keine nennenswerte Rolle. Lediglich beim Schülertransport werden sie mehr genutzt. Ein Viertel der Schüler/innen kommt mit dem Bus zur Schule, ein Viertel mit dem Rad und knapp ein Drittel lässt sich mit dem Auto bringen. Der Rest geht zu Fuß.

Bushaltestelle am Marktplatz
Auch von der Rückseite gesehen ist die Haltestelle am Marktplatz wenig einladend. Foto: Dr. Norbert Marißen

Gründe für die geringe Attraktivität des ÖPNV

In Gladbeck finden nur 17 % der Nutzer/innen die Takthäufigkeit gut, 14 % die Pünktlichkeit, 14 % die Anschlüsse. Lediglich neun Prozent loben die Ausstattung der Haltestellen, dagegen fühlen sich dort 30 Prozent der Menschen unsicher.

Stadt Gladbeck in der Pflicht

Die Bewertung des ÖPNV durch die Menschen in Gladbeck ist mehr als schlecht. Ein Halbstunden-Takt auf den meisten Linien ist völlig unzureichend und die Fahrgelegenheiten am Abend oder an Sonntagen finden quasi nicht statt. Die Verknüpfung von Schiene und Bus an den Bahnhöfen West und Ost ist miserabel.

Sinnbildlich für die Situation des öffentlichen Nahverkehrs ist die zentrale Haltestelle am Marktplatz in Gladbeck, die von 5 Linien angefahren wird. Graue fensterlose Blechwände mit Wellblechdach (!) wie in einem Entwicklungsland in einem wenig gepflegten Umfeld laden nicht zum Busfahren ein. Schon diese Lieblosigkeit zeigt den Willen der Stadt, nur das Allernötigste für die Versorgung der BürgerInnen mit Bussen und Bahnen zu tun.


Polizeibericht aus Gladbeck Mitteilungen der Stadt Gladbeck

1 Kommentar

  1. Es ist kein Wunder, dass die Wege in Gladbeck nicht so oft mit den Bussen zurückgelegt werden. Wer keine Abo-Karte hat überlegt sich bei den Einzelticketpreisen doch dreimal ob es wirklich nötig ist, den Bus zu nehmen. Fahrradfahrer werden ebenfalls konsequent an den Rand oder auf Buckelpisten verdrängt. Und jetzt plant die Stadt eifrig die “Zukunft” die gemäß einem bayrischen Satiriker auch früher mal besser war. Für “Ideenbündelung” ist jetzt Frau Knobbe zuständig. Nur fragt man sich, wo sie dann das Bündel am Ende abladen soll. Hört ja bisher offenbar keiner zu, wenn Bürger Ideen haben. Was den ÖPNV betrift und die schlechte Busanbindung an die Bahn – hat sich mal jemand aus der Verwaltung für die Verlängerung der U11 von Horst bis zum Bahnhof Ost und die Wiederbelebung des Oberhofs stark gemacht???? Das war eine Idee zum Umweltpreis und wäre ein wichtiger Baustein zur besseren Vernetzung der “Öffis”. Zu teuer? Na ja 10 Millionen etwa. Finanzierung vielleicht auch durch Verzicht auf die dritte Neupflasterung des Rathausplatzes und das Anwerben von Subventionen mal für die wirklich wichtigen Dinge.

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