Gerichtstermin am Windrad in Gladbeck- stehen dann die Flügel still?

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Gerichtstermin am Windrad - stehen dann die Flügel still?
Seit Jahren wird mit harten Bandagen um das Windrad auf der Mottbruchhalde gefochten. Es ist ein Lehrstück für politische und juristische Tricksereien. Kommt jetzt der Höhepunkt? Das Verwaltungsgericht ist am 16.2. erstmals vor Ort um die Situation in Augenschein zu nehmen. Seit Tagen läuft das Windrad mal und mal wieder nicht. Zufall???

Haldenwelt oder Windrad auf der Mottbruchhalde

10.02.2022 – Gerichtstermin – Eigentlich sollteHier den Newsletter bestellen der Gipfel der Mottbruchhalde im Rahmen der Internationalen Gartenausstellung 2027 als Teil einer „Haldenwelt“ auf den Braucker Alpen zum offenen Bürgerpark werden. Die Grundlage dafür schafft der vom Gladbecker Rat beschlossene Bebauungsplan. Die vor kurzem fertiggestellte Windkraftanlage auf dem Haldentopp könnte jetzt aber zum jähen Ende dieses Jahrhundertprojekts werden. Ihr Betreiber, eine Projekttochter der Steag, hat das Windrad auf eigenes Risiko gebaut. Das Unternehmen beruft sich auf eine vorläufige Bauerlaubnis durch den Kreis Recklinghausen. Die Genehmigung wurde wenige Tage vor dem Gladbecker Ratsbeschlusses zur „Haldenwelt“ handstreichartig erteilt. Das Verfahren hat eine gewisse Schlafmützigkeit der Gladbecker Verwaltung ausgenutzt und ist sachlich und nüchtern betrachtet kaum nachvollziehbar. Die Akteure haben die Einhaltung der heute geltenden Vorschriften zum Mindestabstand der Anlage zu Wohngebäuden bewusst missachtet.




Im Ergebnis bedeutet dies: wenn auch nur eine gegen das Windrad zum Gelsenkirchener Verwaltungsgericht erhobenen Klagen Erfolg hat, muss die Steag ihr Windrad wieder abbauen und die Halde für den Bürgerpark räumen. Für die dabei entstehenden Kosten hat sie bereits eine Viertelmillion Euro hinterlegen müssen.

Gerichtsprozesse der Anwohner gehen in eine entscheidende Phase.

Neben Klagen der Wittringer Gasballonfahrer und der Stadt Gladbeck sind sieben Klagen von Anwohnern anhängig. Nach inzwischen zweijähriger Prozessdauer bereitet das Gericht jetzt offenbar endlich seine für die erste Instanz entscheidenden Urteile vor. Die mit der Sache befasste 14. Gelsenkirchener Kammer hat dazu, anders als es ihr in den bisher geführten Eilverfahren geboten schien, einen ihrer Richter beauftragt, sich vor Ort persönlich ein Bild von der der Windkraftanlage zu machen. Es geht um die bedrängende Wirkung auf den Lebensraum der klagenden Anwohner. Das Gericht beurteilt damit erstmals durch unmittelbare Inaugenscheinnahme, wie schwer die am Haldenfuß wohnenden Menschen durch das jetzt fertig aufgestellte Windrad in ihren Rechten betroffen sind. Das Ergebnis des Ortstermins dürfte deshalb für das zu erwartende Urteil ausschlaggebend sein.

Öffentlicher Ortstermin

Der vom Gericht angeordnete Ortstermin ist nichtöffentlich, da der Termin formell in den Wohnräumen der Kläger stattfindet. Das Treffen findet am Mittwoch, den 16. Februar 2022, um 9.30 Uhr, statt. Die Besichtigung beginnt am Grundstück Roßheidestraße 62 und wird am Grundstück Welheimer Str. 171 fortgesetzt.

Die gerichtliche Beweiserhebung sollten möglichst viele BürgerInnen begleiten. Die persönliche Besichtigung einschließlich der Mitwirkung vieler Menschen ist durch keine Beschreibung der Zustände in noch so guten Schriftsätzen der beteiligten Anwälte ersetzbar. Sie hat besondere Bedeutung für die gesamte Stadt, insbesondere aber für die Anwohner rund um die Halde in Brauck. Denn durch den Betrieb des Windrades wären hunderte von Häusern und Wohnungen nur noch unter drastischer Inkaufnahme ständiger Störungen nutzbar. Die Lebensqualität der Bewohner und der Wert ihrer Immobilien für Vermietung und Verkauf wären deutlich gemindert. Erholungsmöglichkeiten auf der Haldenspitze wären, anders als alle Zusage der Stadt und der regionalen Körperschaften, dauerhaft gestrichen.

Am Termin interessierte GladbeckerInnen sollten sich auf die Beachtung der üblichen Corona-Maßnahmen einstellen (Maske, Abstand). Soweit das Gericht Grundstücke der Kläger betritt, liegt die Entscheidung über die Begrenzung des Zugangs für Dritte selbstverständlich bei den Eigentümern. Ob sich bei der Ortsbegehung auch Verantwortliche der Stadtverwaltung beteiligen und zu Wort melden, ist bislang unklar. Immerhin verfolgt die Stadt mit ihrer Klage das gleiche Ziel wie ihre als Anwohner betroffenen Bürger.

Drehen sich die Flügel des Windrads während des Ortstermins?

Eine spannende Frage wird sein, ob der Betreiber des Windrades seine Anlage am Prozesstag laufen lässt oder mit einer mehr oder weniger nachvollziehbaren Begründung abschaltet, wie es in den letzten Tagen festzustellen ist. Der zu befürchtende Stillstand würde der jetzt unbedingt erforderlichen Wahrheitsfindung unzweideutig im Wege stehen.
„Böse Zungen“ behaupten, dass die Windradbetreiber den derzeitigen „Testbetrieb“ nur vorschieben, um beim Gerichtstermin für das stehende Windrad eine plausible Begründung zu haben.

Foto von Ralf Michalowsky
Ralf Michalowsky, Herausgeber der Neuen Gladbecker Zeitung.

Nicht zuletzt mein Kommentar dazu:

„Die Klagen der Anwohner wurden unter anderem durch erhebliche Einzelspenden vieler Gladbecker ermöglicht. Soweit ersichtlich wenden sich die SpenderInnen ebenso wie die KlägerInnen nicht gegen den dringend notwendigen Ausbau der Windkraft als klimaneutrale Energiequelle. Die für die Entwicklung von Gladbeck einmalige Mottbruchhalde ist aber anerkanntermaßen kein geeigneter und wirtschaftlich sinnvoller Standort für eine Windkraftanlage. Der Bau dient der Steag lediglich als trotziger Leuchtturm dafür, dass sie nach jahrelangem Beharren auf endloser Kohleverbrennung die Energiewende nicht weiter verschlafen möchte. Für solche Spielchen brauchen die GladbeckerInnen die Verschandelung der Mottbruchhalde nicht hinzunehmen. Der Bürgerpark kann für das 21. Jahrhundert die Identität unserer Stadt positiv prägen. Er wäre weit über die Stadt hinaus ein Ankerpunkt für landschaftliche, sportliche und kulturelle Zwecke.“

Die Wind Gladbeck GmbH im Handelsregister


Polizeibericht aus Gladbeck Mitteilungen der Stadt Gladbeck

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2 Kommentare

  1. Egal wieviel Beton und Stahl die Handwerker im Fundament des Windrades auf der Mottbruchhalde verbaut haben: politisch ist die Anlage auf einem ziemlich übelriechenden Sumpf errichtet.
    Wir erinnern uns: der damals vor dem Ausscheiden stehende Recklinghäuser SPD-Landrat gab im Januar 2021 seine Genehmigung an die Steag für viele Betrachter überstürzt heraus. Wenige Tage vor dem Beschluss des Gladbecker Rates für einen Bürgerpark auf der Halde und unmittelbar vor der gesetzlichen Vergrößerung des Mindestabstands zwischen Windkraftanlagen und Wohnhäusern. Das heißt: Hätte er seinen Bescheid nur eine Woche später in die Welt gesetzt, wäre dieser von Anfang an null und nichtig gewesen.
    Blauäugige Zeitgenossen mögen an einen Zufall glauben. Mitnichten. Der erlassene Bescheid war und ist ein gezielter, hinterlistiger Handstreich, die der Steag kurz vor Toresschluss noch das von ihr beantragte Baurecht samt der Erlaubnis zum sofortigen Baubeginn zugestand, und zwar ohne Rücksicht auf die derb verletzten Rechte der Gladbecker. Die sonst verwaltungsübliche Sorgfalt nach dem Motto „Redlichkeit vor Tempo“, die von einer Kreisverwaltung zu erwartende Freundlichkeit gegenüber den Interessen der dem Kreis angehörenden Städte und, darauf basierend, eine achtungsvolle Abstimmung mit Politikern und Verwaltung in Gladbeck blieben auf der Strecke. Die Frage nach dem Warum? für diesen Schnellschuss führt, wie man hört und wie dies in einigen Medien unwidersprochen berichtet wurde, zur Karriereplanung eines damals leitenden Mitarbeiters in der Kreisverwaltung. Dieser Strippenzieher war nicht nur Büroleiter des Landrats. Er leitete auch dessen Wahlkampf, er war ebenso wie sein Chef Funktionär der Hertener SPD, insgesamt war er die vertraute, rechte Hand des Landrats, sein verlässlicher Genossen-Kumpel.
    Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich habe nichts gegen engagierte Menschen und ihre Netzwerke. Hier aber stinkt es gewaltig. Denn noch bevor die Tinte unter der Betriebsgenehmigung richtig trocken war, machte der Mann vor und hinter dem Landrat einen tapferen Karrieresprung. Er verließ die sichere Pfründe der öffentlichen Hand und übernahm nahtlos den wesentlich besser dotierten Posten des Kommunikationschefs, man glaubt es kaum, der Steag! Ab sofort war er nicht mehr Vertreter der Steuerzahler für Recht und Gesetz, sondern Lobbyist des Unternehmens, das er – Recht hin, Gesetz her – mit dem einsamen, weit sichtbaren Windrad hoch über seinen Essener Büros in grünem Gewande geschmückt hat.
    Der geneigte Leser, der sich bislang die Augen gerieben haben mag über die hastige und gegen Gladbeck gerichtete Entscheidung des Landrats, erkennt jetzt das menschlich naheliegende, hinter den fieberhaften Bewegungen des Landrats stehende, untreue Verhaltens seines persönlichen Schützlings. Hier geht es nicht um regenerative Energie, nicht um die Weiterentwicklung des Kreises und schon gar nicht um eine Wohltat für Gladbeck. Der Laufbahnwechsler im Zentrum des schrägen Netzwerks hat sich mit der ungewöhnlichen Steuerung des Verhaltens nur mal schnell eine gute Startposition bei seinem neuen Arbeitgeber gesichert und diesem gegen alle zu erwartenden Widerstände eine fette Pfründe verschafft. Nur ein Schelm sollte meinen, der scheidende Landrat hätte das Manöver nicht mitgetragen oder gar nicht aktiv dabei mitgemacht.
    Die Gladbecker Verwaltung und die sie damals tragenden Politiker müssen sich aber auch den Vorwurf gefallen lassen, dass sie ebenfalls Teil des Sumpfes sind, auf dem das Windrad steht.
    Spätestens im Sommer 2020 wussten leitende Mitarbeiter der Gladbecker Stadtverwaltung, dass der Kreis entschlossen an der Genehmigung des solitär stehenden Riesenwindrades arbeitet. Der zuständige Amtsleiter der Stadt informierte hierzu auf Geheiß des Kreises die Anwohner und bat sie schriftlich, ihre Grundstücke für Besichtigungen und Messungen zur Verfügung zu halten. Entweder hat er darüber seinen Bürgermeister nicht informiert oder, schlimm anzunehmen aber nicht abwegig, der Bürgermeister hat mit Nichtstun dafür gesorgt, dass die Stadt der Steag nicht in die Quere kam. Nachdem die Genehmigung erteilt war und es aus der Butendorfer Politik einen lauten Aufschrei gab, gab der Rat der Stadtverwaltung auf, alle rechtlich möglichen Schritte gegen den Kreis zu unternehmen, um die Genehmigung zu Fall zu bringen. Bemerkenswerter Weise hat der Bürgermeister diese Vorgabe aber nur halbherzig umgesetzt. Er hat ohne erkennbare Begründung und trotz der eindringlichen Bitten vieler Fachleute keinen Eilantrag auf sofortigen Baustopp eingereicht. Hätte er die privaten Anwohner nicht mit ihren Anträgen alleingelassen, hätte der Bau bis heute nicht begonnen werden können. Die Sache wäre damit wirtschaftlich und politisch vom Tisch gewesen.
    In diesem Zusammenhang lohnt sich ein Blick auf die Verstrickung städtischer Repräsentanten mit dem Steag- und dem RWE-Konzern, die gemeinsam Gesellschafter der von ihnen vorgeschobenen Projektgesellschaft „Gladbeck Wind GmbH“ sind. Die Tätigkeit der betroffenen Politiker legt nahe, dass sie auf zwei Schultern tragen und eingeleitete Maßnahmen wie ihre Klage nicht ernst, sondern nur als taktisches Manöver sehen, um keinem ihrer Hintermänner offen zu schaden. Auch wenn die Menschen, die sie eigentlich vertreten sollten, den Schaden davontragen.
    Wohin man also schaut: Der politische Sumpf, auf dem das Windrad steht, stinkt zum Himmel.
    Im Gerichtsverfahren wehrt sich die Steag mit allen Mitteln gegen die nicht wegzudiskutierenden Beeinträchtigungen der Anwohner. Ein Kläger hat mir hierzu eine Passage aus einem Schriftsatz der Steag-Anwälte vorgelesen, die ich nicht für mich behalten möchte: Die Steag gesteht wohl ein, dass das Windrad das Leben im Haus des Klägers erheblich stört. Sie rät aber der Familie des Klägers, sich auf den Sitzgelegenheiten in ihrem Wohnzimmer so hinzusetzen, dass sie das Windrad beim Geradeausschauen im Rücken hätten. Und sinngemäß: eine Störung bei Umdrehen sei ja nicht so schlimm, und Umdrehen sollte man sich ohnehin eher nicht.
    Man kann jetzt nur hoffen, dass sich die Gelsenkirchener Richter nicht einseitig und mutlos vom Steag-Konzern und der Tatsache lenken lassen, dass er das Windrad ohne Rücksicht auf die breit gefächerten Klagen und auf eigenes Risiko einfach aufgestellt hat (und es jetzt nicht zu drehen lassen wagt). Die von mir geschilderten Zusammenhänge sind übrigens so geschickt geflochten, dass sie für eine gerichtliche Auseinandersetzung vor dem Verwaltungsgericht eher weniger taugen. Grundlage der richterlichen Tätigkeit ist richtigerweise und bis zum Beweis des Gegenteils die Annahme eines nicht korruptiven Vorgehen der Behörden, deren Bescheide sie zu überprüfen haben.

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