A52-Tunnel: wovon die Stadt Gladbeck so träumt

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A52-Tunnel: wovon die Stadt Gladbeck so träumt
Das geplante Autobahnkreuz in Gladbeck: Gesamtlänge der Fahrbahnen = 7,6 km. Prognostizierter Verkehr 2030 40.000 bis 62.000 Kraftfahrzeuge pro Werktag. Bild: autobahn.de

Eine Stellungnahme von Matthias Raith

03.03.2023 – A52-Tunnel – Die Tour der Gladbecker A52-Fans ins wunderschöne Maastricht hat den Teilnehmern sicherlich viel Spaß gemacht. Die interessierten Gladbecker sollten sich aber besser mal in Lüdenscheid umsehen.

Lüdenscheid erlebt die Sperrung der Rahmede-Talbrücke als eine für die Stadt nicht vorhersehbare Katastrophe. Die Sperrung macht nicht nur den Umleitungsverkehr durch die dichte Besiedlung unerträglich. Sie zerstört die gesamte Lebensqualität, die wirtschaftliche Entwicklung und das Sozialprodukt der Stadt auf Jahrzehnte. Der Bau der A52 hätte für Gladbeck vergleichbare Auswirkungen. Der Unterschied zwischen Lüdenscheid und Gladbeck ist nur der, dass der Brückenschaden fast wie ein Erdbeben über Lüdenscheid hereingebrochen ist. Während die Gladbecker Offiziellen kurioserweise das dicke Ende für die Stadt mit viel Geld ihrer Bürger nach wie vor herbeireden.

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Aus ihrer lokalen Froschperspektive verkennen dabei die Gladbecker Strategen im Rathaus, dass sich die früheren, euphorisch gelobten Rahmenbedingungen für den Bau einer neuen Autobahn quer durch eine Stadt in Deutschland schon längst ins Gegenteil verkehrt haben.

Volker Wissing: Rohrkrepierer statt durchdachter Strategie

Der Schnellschuss von Bundesverkehrsminister Wissing, seine Vorhaben für neue und erweiterte Autobahnen in einer Liste von wenigen Einzelvorhaben politikfähig zu machen, ist gründlich nach hinten losgegangen. Der FDP-Mann hat damit erreicht, was den Bürgern und ihren Initiativen im Kampf gegen die Autobahn über Jahre nicht geglückt ist. Denn die parlamentarischen Gremien haben 2015 den Bundesverkehrswegeplan und das Fernstraßenausbaugesetz ungeachtet aller Proteste zu einzelnen, darin enthaltenen Vorhaben pauschal durchgewunken.

Auf das Aufschnüren des Paketes mit tausenden Planungsabsichten legten weder die Abgeordneten des Bundestages noch die Landesregierungen im Bundesrat ihr Augenmerk. Jetzt hat Wissing aber mit seiner Zuspitzung auf nur wenige Maßnahmen erreicht, dass der Streit zur grundlegenden , parteipolitischen Auseinandersetzung in Berlin werden konnte. Dazu gehört selbstverständlich auch die A 52 zwischen Essen und Gelsenkirchen. Die Koalitionspartner werden angesichts hoher Kosten sowie von Gefahren für Umwelt und Menschen nicht um die Stimme jedes Autofahrers kämpfen. Denn sie sind aus den Wahlen des vergangenen Jahres nicht so weidwund herausgekommen wie die FDP.
Nie hatten die Autobahngegner bessere Positionen und bessere Argumente gegen die weitere Planung und den Bau der A52 als heute und in Zukunft.

Für den A52-Tunnel hat der Staat weder Geld noch Ressourcen

Dabei dürfte nicht im Vordergrund stehen, dass die beabsichtigten sieben Kilometer des „Lückenschlusses“ 800 Millionen oder vielleicht sogar 1 Milliarde Euro kosten würden. Das sind zwar für jeden Kilometer Strecke unglaubliche, satte 100 Millionen Euro. Wer aber unsere Enkel wegen Corona, Energieknappheit und Krieg mit Rückzahlungsverpflichtungen von mehreren 100 Milliarden € bis zum Ende des Jahrhunderts belastet, dem ist auch zuzutrauen, dass er für ein aus der Zeit gefallenes Autobahnprojekt 1 Milliarde zusätzlich ausgibt, obwohl er das Geld dafür nicht hat.

Wesentlicher ist aber, dass für den geplanten, technisch und verkehrlich hoch komplizierten Bau Ressourcen und Infrastrukturen für den Tief- und Straßenbau fehlen. Die technischen Kapazitäten der Straßenbehörden, die ziemlich ergebnislos neues Personal suchen, sind angesichts der vorrangig und schnell notwendigen Reparaturen und des Neubaus hunderter Brücken völlig überlastet. Planungsfirmen sind durch Aufträge aus dem ausschreibungsfreien Markt über Jahre ausgelastet oder sie haben sich mittelfristig auf andere Felder orientiert. Mit den besonderen Gegebenheiten des deutschen Straßen- und Tunnelbaus vertraute Ingenieure lassen sich nicht in ausreichendem Maße für verantwortungsvolle Positionen finden. Weder aus einheimischem Nachwuchs noch mithilfe von Spezialisten aus anderen Ländern.

Der Fernverkehr braucht den A52-Tunnel nicht

Heute zeigt sich zudem: Die extrem teure und für Anwohner und ihre Umwelt hoch kritische A52 durch Gladbeck ist für den zukünftigen Fernverkehr so überflüssig wie nie zuvor. Die inzwischen komfortabel fertiggestellte, nördliche A43 über das Recklinghäuser Kreuz zur A2 und demnächst zur A42 bietet dem Fernverkehr mit nur 6 km Umweg eine weitgehend staufreie Streckenalternative zwischen Norddeutschland und Rhein-Ruhr.

Dabei birgt die heute noch bestehende Lage der klein gestückelten Planfeststellungsverfahren für den A52-Lückenschluss die Gefahr, dass nur der Südabschnitt in Bottrop und das Kreuz mit der A 52 mit der A2 gebaut werden, die mit dem Tunnel bis heute nur vage versprochene Durchfahrung der Innenstadt aber nicht. Dann würden die so angelockten Fernlaster aber ungebremst durch Gladbeck brummen oder täglich stundenlang im innerstädtischen Stau stehen. Das kann kein Gladbecker wirklich wollen.

Frieden durch alternative Mobilität für die Menschen statt Beton und Asphalt

Mit den hunderten Millionen Euro, die die A 52 kosten würde, könnten das System der öffentlichen Schienen- und Straßenverkehre ebenso wie pendlertaugliche Radwege rund um Gladbeck und Essen nachhaltig attraktiver gemacht werden: für viele, die heute noch Tag für Tag auf der B224 im Stau stehen. Die Bundesstraße selbst könnte umwelt- und menschengerecht und unter adäquater Beachtung multimodaler Nah- und Querverkehre endlich dauerhaft ertüchtigt werden.

Die seit Jahrzehnten dauernde, streitige Auseinandersetzung kann nur mit einer friedlichen Einigung für eine städtebauliche, verkehrliche, klimagerechte und mit den realistischen Ressourcen machbare Alternative enden. Niemand sollte glauben, dass die politischen Kräfte in Bund, Land und Region alle immer stärker an die Oberfläche gespülten Argumente gegen die A 52 unbeachtet hinnehmen, nur weil man sich die Trasse in grauer Vorzeit unter völlig anderen Bedingungen ausgedacht hat.

Dass man trotzdem weite Fahrten zu Traumzielen macht, um sich zu rechtfertigen, ist bemerkenswert. Die städtebauliche und verkehrliche Situation in Maastricht ist mit einem A52-Tunnel durch Gladbeck nicht zu vergleichen. Auch wenn dies bestimmte Leute aus dem Rathaus mit ihrem Ausflug herbeireden möchten. Wegen der Durchmischung von starken Längs- und Querverkehren auf engem, schwierig befahrbarem Raum ist die Entlastung des individuellen Nahverkehrs und ein organisches Zusammenwachsen der Stadtteile in Gladbeck nicht erreichbar. Das oberirdische Umfeld des Tunnels wäre die Bühne eines ständigen, gefährlichen Durcheinanders.

Die Befürworter des A52-Tunnels werden einsam

Das politische Blatt hat sich grundlegend gewendet. Die Grünen in Land und Bund sind heute stärker denn je. Sie haben sich entschieden, mit ihrer geballten Regierungsverantwortung gegen die Autobahn ins Feld zu ziehen. Mit diesem Rückenwind haben sich ihre Parteifreunde aus Gladbeck und der gesamten Region endlich einvernehmlich klar für eine bessere Mobilität und gegen die A 52 positioniert. Sie haben dies als Topthema ihrer gesamten Politik benannt.
Auch der BUND als die wohl mächtigste Umweltlobby Deutschlands ist dabei, sich in Bund und Land gegen neue Autobahnen und insbesondere gegen den A52-Tunnel zu positionieren.

SPD und CDU in Gladbeck können einem angesichts der gesamten Situation eigentlich nur leidtun. Als die ehemalig großen, konservativen Traditionsparteien im Revier ist es menschlich verständlich, dass sie jetzt immer noch an der 70-jährigen Planung für Bruchstücke einer neuen Autobahnachse zwanghaft festhalten, indem sie mit Consultant-Veranstaltungen wie „37 Grad“ und Reisemanövern Stimmung verbreiten. Gegen die Politik im Land und im Bund. Und nicht zuletzt zu Lasten und auf Kosten der Menschen vor Ort, die die Autobahn mehrfach in manifestierten Beschlüssen eindeutig abgelehnt haben.

Die Planungen von Autobahn.de


Polizeibericht aus Gladbeck Mitteilungen der Stadt Gladbeck

1 Kommentar

  1. „Für jeden Kilometer Strecke unglaubliche, satte 100 Millionen Euro…“ kostet die irrsinnige A52.
    Und was kostet der dringend nötige Ausbau der U11 von Horst nach Gladbeck? Man geht bei neuen Bahnlinien von 11 Millionen pro km aus. Also wären die 6,5 km von Horst bis Gladbeck-Ost locker anstelle eines einzigen Autobahnkilometers möglich. Sage bloß keiner, das sei nicht finanzierbar!
    Die 6,5 km neue U11 Strecke könnte sogar noch deutlich günstiger werden weil allein 4km Gelände bereits vorhanden und mit Schotter fast fertig zum Gleisverlegen sind.
    Dann hätte Gladbeck eine bequeme, staufreie Direktverbindung aus der Innenstadt nach Essen!
    Und auch für einen Schnellradweg nach Essen wäre genug Geld da.
    Immer noch freie Fahrt für dicke SUV-Dinos?
    Zu viel Panzer, zu wenig Hirn : demnächst auch ausgestorben!

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