A52-Planung: Sand im Getriebe statt Meilenstein – Gladbeck

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A52-Planung: Sand im Getriebe statt Meilenstein - Gladbeck
Die A52-Planung im Bereich Bottrop - Gladbeck. Vorlage: Autobahn GmbH

Zur Ankündigung der Autobahngesellschaft

Ein Gastbeitrag von Matthias Raith

07.11.2023 – A52-Planung – Die Pressemitteilung der Autobahngesellschaft, die die NGZ am 1. November wiedergegeben hat, markiert bei näherem Hinsehen alles andere als einen „Meilenstein“ in der Planung des Großprojekts A52. Sie belegt vielmehr, dass bei den staatlichen Akteuren so viel Sand im Getriebe ist, dass sie nicht mehr weiterwissen.

Der Termin der Infoveranstaltung: Dienstag, 14. November, 15:30 bis 18:30 Uhr
in der Lohnhalle Ahrenberg-Fortsetzung in Bottrop

Den Anwohnern wird zum wiederholten Male angekündigt, dass irgendwann der Erörterungstermin für den ersten „Bauabschnitt“ der A52-Planung auf Bottroper Stadtgebiet stattfinden wird. Einen Termin dafür können die Autoren offensichtlich nicht nennen. Zum Trost laden sie interessierte Menschen für den Nachmittag des 14. November 2023 zu einer dreistündigen „Infoveranstaltung“ ein.

Gastautor Matthias Raith
Matthias Raith

Unser Gastautor

Matthias Raith, ist Jurist. Er war in der Justiz, in den Parlamenten in Bonn und Düsseldorf und für die Landesregierung NRW tätig. In privaten deutschen und ausländischen Wirtschaftsunternehmen hat er Führungsfunktionen wahrgenommen. 2013 war er an der Vereinsgründung des Bürgerforums Gladbeck beteiligt, dort hat er sich bis 2020 ehrenamtlich engagiert. Der heute 73-jährige Rentner Raith wohnt in Gladbeck.

Mit dieser Verlautbarung stellt sich die West-Abteilung der Autobahngesellschaft ein schlimmes Armutszeugnis aus. Denn die sog. Infoveranstaltung ist lediglich unverbindliches Schmuckwerk, die mit einer seriösen Fortführung des Großverfahrens A52 nichts zu tun hat.


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Die Erörterung der Einwendungen ist dagegen zwingende Voraussetzung für den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, also für die Erteilung der Erlaubnis zum Bau der A52 durch die Münsteraner Bezirksregierung. Das Gesetz schreibt verbindlich vor, dass die Erörterung binnen einer Frist von 3 (!!!) Monaten nach Ende der Offenlegung der Planung zu erfolgen hat. Die maßgebende Offenlegung für die Bottroper A52 hat aber schon 2008 stattgefunden. Seitdem sind 15 Jahre (!!!) vergangen. Mit ihrer Veröffentlichung ohne Terminnennung für die Erörterung räumt die Autobahngesellschaft also ein, dass sie die gesetzliche Frist weiterhin nicht beachten wird, obwohl sie diese rein rechnerisch betrachtet schon heute um mehr als das 50fache (!!!) hat verstreichen lassen.

Ein Erörterungstermin ist nichts für Warmduscher

Zugegeben: die Organisation der gesetzlich vorgeschriebenen Erörterung ist nichts für freizeitorientierte KurzarbeiterInnen. Aufgrund der mehrfach erfolgten, ergänzenden Offenlegung der Baupläne haben mehr als 2.000 Betroffene ihre Bedenken schriftlich angemeldet. Für die Erörterung müssen alle Einwendungen benannt und geordnet werden, die EinwenderInnen sind einzuladen und nochmals zu hören. Im Termin ist zu klären, ob ihre Einwendungen berücksichtigt werden oder ob ihnen nicht gefolgt werden kann. Letzteres ist der Bezirksregierung gegenüber im finalen Planfeststellungsantrag zu begründen.

Es ist nicht zu vermeiden: Angesichts der Menge und Komplexität der Einwendungen und wegen der langen Zeitdauer des Verfahrens würde eine ordnungsgemäße, dem Gesetz entsprechende Erörterung eine monatelange, intensive Vorbereitung aller Experten aus den unterschiedlichsten Fachbereichen in Anspruch nehmen. Der Termin selbst würde mehrere Tage dauern. Die zahlreichen Mängel der nach Auffassung von Fachleuten bislang nicht mehr haltbaren Planung würden dabei schonungslos zutage treten.

Die Missachtung der Fristen ist eine Geringschätzung der betroffenen Menschen

Die ungesetzliche Schlamperei der Autobahnplaner hat für die Betroffenen schlimme Folgen:  viele von denen, die innerhalb der damals wie heute geltenden Frist von einem Monat nach Ende der Offenlegung ihre Bedenken zu Papier gebracht haben, dürften heute andere Lebensinhalte haben. Sie rechnen nicht mehr mit der längst überfälligen Fortsetzung des Verfahrens, wahrscheinlich sind viele von ihnen hochbetagt, verstorben oder weggezogen.

Und schlimmer noch: diejenigen, die jetzt und in Zukunft durch die A52 aktiv betroffen wären, kommen infolge der unsäglichen Verfahrensverzögerung nicht mehr zu Wort, weil die Planoffenlegung und damit ihre Möglichkeit für Einwendungen längst vor ihrer Zeit über die Bühne gegangen sind. Sie haben also entgegen den gesetzlichen Regeln und entgegen den grundlegenden Intensionen des Großverfahrens zur Planfeststellung keinerlei Rechte mehr. Sie sind jeglicher Mitspracherechte beraubt und aus dem Verfahren ausgegrenzt. Zu anstehenden Erörterungen werden sie nicht eingeladen. Erst recht dürfen sie – selbst bei existenziellen Beeinträchtigungen – nicht gegen einen Planfeststellungsbeschluss klagen, auch wenn der aus heutiger Sicht noch in weiter Ferne liegen würde.

Deshalb dürfte die Nichtbeachtung der gesetzlichen Regeln durch die staatlichen Straßenbauer fundamentale Grundrechte der eigentlich zwingend zu beteiligenden Betroffenen verletzen. Ihr Verhalten führt eine wesentliche, inhaltlich bedeutsame und gesetzlich festgelegte Säule der Planfeststellung ad absurdum, nämlich die wirkmächtige Beteiligung aller von Bau und Betrieb der A52 betroffenen Bürger.

Die Infoveranstaltung am 14.11. ist leeres Geplänkel

Die in der Pressemeldung enthaltene Einladung zu einer Infoveranstaltung am 14. November ändert daran nichts. Der dargestellte Gesetzesverstoß wird durch die Einladung der West-Abteilung der Autobahngesellschaft zur Infoveranstaltung nicht ansatzweise geheilt. Im Gegenteil: Die weitere Vertagung macht den jetzt noch weiter beibehaltenen Verstoß erneut offenkundig. Das verschlimmert die Ausgrenzung maßgebender Beteiligter eklatant. Mit ihrer Infoveranstaltung streuen die Macher den Bottroper und Gladbecker Bürgern nur Sand in die Augen. Man hält die Menschen der Region offenbar für so dumm, dass sie sich von ein paar (inzwischen auch schon in die Jahre gekommenen) Plakatwänden mit 3D-Darstellungen hinter die Fichte führen lassen.

Die Wahrheit ist: Zum einen haben noch so triftige Argumente von Besuchern der Veranstaltung keinerlei Auswirkungen auf die alten Planungen. Mit ein wenig Sarkasmus gesagt: hier läuft ein gutes Beispiel für den Versuch staatlicher Propaganda. Die Hardliner aus dem Beton- und Asphalt-Sektor wollen offenbar mit dem Kopf durch die Wand und darüber hinwegtäuschen, dass sich die Gesellschaft und der Staat die A52 nicht mehr leisten können.

Zum andern ist ihre Begründung in der Pressemitteilung, man mache jetzt kurzfristig eine Infoveranstaltung, weil nicht alle Betroffenen zu einer Erörterung eingeladen werden können, blanker Zynismus. Denn dieses Manko haben die Planer, wie oben dargestellt, durch ihre nachlässige oder oder gar absichtsvolle, jahrelange Missachtung der ihnen gesetzlich vorgegebenen Fristen in kaum fassbarer Weise selbst verschuldet.

Mein Fazit – über den aktuellen Anlass hinaus

Die Fortführung des A52-Vorhabens beruht auf längst überholten Verkehrsdaten, sie blendet stur heil jegliche Wende in der Wirtschaft, der Technologie und der Klimapolitik aus. Sie ist nicht zuletzt wegen der für mindestens das kommende Jahrzehnt gebundenen Bundesmittel für Brücken- und Straßenreparaturen und Ersatzbauten weder politisch noch finanziell in geeigneter und angemessener Weise machbar. Ganz zu schweigen vom dringenden Nachholbedarf für Radwege und ÖPNV-Infrastruktur.

A52-Planung endlich stoppen!

Die maßgebenden staatlichen Stellen, zu denen die Autobahn GmbH nicht gehört, sollten das A52-Vorhaben wirklich nochmal gründlich überdenken. Die Planungen und erst recht ihre Realisierung werden für den Verkehr, für die Umwelt und die Menschen nicht zum Vorteil gereichen. Es macht keinen Sinn, die Vorstellungen aus dem letzten Jahrhundert aufrecht zu erhalten und immer wieder mit neuen Fehlleistungen zu kaschieren. Notwendig ist und mutig wäre es, die gesamte Planung stoppen und das endlich laut und deutlich zu sagen. Die vorhandenen Ressourcen an staatlichen Mitteln und Manpower müssen für Vorhaben verwendet werden, die für die Mobilität der Zukunft wirklich gebraucht werden. Die bestehenden Autobahnen A43, A42 und A2 reichen, um den regionalen Nord-Süd-Verkehr für die nächsten Jahrzehnte flüssig zu halten. Die A52-Wende kann deshalb doch so schwer nicht sein. Nur die Umgestaltung der B224 in eine menschengerechte, innerstädtische Straße wäre für Gladbeck und Bottrop ein strategischer Befreiungsschlag für nachhaltige Lebensqualität.

Mein Rat an alle, die zur Infoveranstaltung am 14.11. kommen wollen: bleiben Sie zuhause.


Polizeibericht aus Gladbeck Mitteilungen der Stadt Gladbeck

2 Kommentare

  1. Der Kommentar von Matthias Raith hat nichts an Wert verloren. Wenn ich diese Hollywood anmutenden Inszenierungen der letzten Tage wahrnehme (s. a. WAZ Artikel vom 10.11.2023). erlebe ich ein Déjà-vu oder die Endlosschleife der Fortsetzung der Fortsetzung einer offensichtlich überforderten Straßenbaubehörde, die nach mehreren verschlissenen Verkehrsministern ganz sicher mit einer neu besetzten Sachbearbeiterkombo den mittlerweile verschalten Wein in eckig bürokratisch überlieferter Manier in neue Schläuche umfüllt.

    Zur Erinnerung, an besagter Stelle in Bottrop hat es bereits vor wenigen Jahren eine gleichlaufende Infoveranstaltung gegeben, wo die armen vorgeschickten Mitarbeiter von Straßen NRW mit Konjunktivsätzen glänzten oder gar keine Antworten auf berechtigte Fragen geben konnten. Den Blick für die örtlichen Zusammenhänge konnten sie auch nicht bedienen, da sie offensichtlich nur Planungstische, Computer und Büroatmoshäre gewohnt waren und stur Unweltverträglichkeitsstudien rekapitulierten, die aus dem Zusammenhang des gesamten Lückenschluss A52 unbewusst oder eher bewusst als strategisches Mittel im Vorhaben bedient wurden. Die wirklich tollen Kugelschreiber, Blöcke und hochglänzenden Infoflyer habe ich irgendwo noch eingemottet oder verschenke sie bei Zeiten.

    Auch die Vorstellung der Bürgermeisterin in allen Ehren ist faktisch nur ein Planungsmodell 2.0 für den Rathauskeller in Gladbeck. Der WAZ Artikel könnte auch die Überschrift tragen „Wenn dass Wörtchen wenn nicht wäre“, dann würde wenigstens deutlich, dass hier reines Wunschdenken die Faktenlage ist, die tatsächliche aber ohne Rechtsgrundlage auf tönernen Füßen steht. Es gibt genügen Beispiele allein im Ruhrgebiet wo Politik und Offizielle der Stadt aus allen Wolken gefallen sind, da die Straßenbaubehörde beispielsweise in Duisburg nach 20 Jahren Tunnelzusicherung für die A 59 durch Marxloh und Meiderich die A59 nach Überarbeitung den derzeitigen aufgeständerten Verlauf durch die dichtbesiedelten Kernzone aus Kostengründen behalten wird. Ich war mit vielen Beteiligten Zeuge dieses Eklats bei der Infoveranstaltung im Duisburger Landschaftspark. Der Stadt Essen wurde ebenfalls 20 Jahre ein Tunnel für den Lückenschluss durch Essen Ost zugesagt, ausgerechnet als bei uns 2012 der Ratsbürgerentscheid stattgefunden hat, platzte die Nachricht das aus dem Tunnel mal eben ein Ausbau in Troglage mitten durch Essen vorgesehen ist inklusive vorgelegter Planunterlagen. Auch bei dieser Veranstaltung u.a. im Haus der Technik kam es zum Eklat der Offiziellen. Wer heute behauptet der Bauabschnitt Essen wurde ad Acta gelegt, kennt sich mit Planungsstrategie nicht aus und sollte besser schweigen als solche kruden Behauptungen in die Welt zu setzen. Würde der Abschnitt in Essen tatsächlich verworfen werden, stünden alle Gründe, die den Lückenschlüss A52 vom Breitscheider Kreuz bis Buer West seit Beginn der ersten Planung vor über 50 Jahren rechtfertigen mit runter gelassener Hose da um es mal bildlich verständlich zu beschreiben.

    Die Unterteilung des gesamten Lückenschluss A 52 in unübersichtliche viele Bauabschnitte, die wiederum unterteilt sind, wo jeder Abschnitt sehr sichtbar für Planungsexperten ein Eigenleben entwickelt, ist der Grund dafür, warum die A52 niemals umsetzbar wird. Wer bei diesen komplexen Interaktionen verlässliche Planung propagiert, spricht entweder von Dingen, die er oder sie nicht versteht oder bedient sich für die eigene Profilierung (z.B. Wahlkampf) eines Themas für das sie sich zur Amtszeit nicht mehr rechtfertigen müssen. Von daher sind alle Versprechen das berühmte Geschwätz von gestern. In Gladbeck haben wir ja bereits mehrere personelle Referenzen, die dank diverser Medienarchive nachvollziehbar belegen was die Zusagen von gestern wert ist.

    Das von der Stadt vorgestellte Städtebaumodell in allen vorauseilenden, gehorsamen Ehren wird neben dem Modell von 2012 sicherlich weiteren Kellerstaub binden noch bevor irgendwelche Fakten in Sachen A52 geschaffen werden. Wenn bisher eins bei A52 verlässlich war, dann sind es die nicht eingehaltenen Zusagen und Versprechen. Warum sollte das bei einer unverbindlichen Tunnelzusage anders sein?

    Nur mal angenommen die Straßenbaubehörde würde mir ihrer mehrfach entlarvten Salamitaktik im Abschnitt Bottrop Fakten schaffen und danach das Autobahnkreuz Wittringen angehen, bedarf es keiner prophetischen Eingebungen um vorauszusagen, dass spätesten dann und ganz lapidar begründet das Kostenargument gegengerechnet wird und Gladbeck hat außer zwei im Rathauskeller verstaubte Städtebaumodelle absolut nichts in der Hand. Zum Mitschreiben „NICHTS“ Bis heute gibt es außer unverbindliche Zusagen und nicht rechtsverbindliche Schriftwechsel keine solide Grundlage zur Sicherung eines Tunnelbauwerks auf Gladbecker Boden, auf die sich vor Gericht berufen werden kann.

    Apropos Tunnel, wie können Stadtverantwortliche ihren Fokus auf 1,5 Kilometer Tunnel konzentrieren, der im schwach besiedelten Bereich durch Gladbeck verlaufen soll und gleichzeitig vollkommene Ignoranz gegenüber den weitaus dicht besiedelteren Bereichen außerhalb des Tunnels nicht eine Zeile widmen? Bei einer prognostizierten Verkehrszunahme um nahezu 100% gegenüber heute, ist diese Augenwischerei unanständig.

    Ein berühmter Politiker hat mal gesagt:
    „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“

  2. DANKE für diese klärenden Worte Herr Matthias Raith !
    Es ist nur zu hoffen, dass sich unsere trotz allem Unsinn dieser Planung,
    hoch euphorische SPD Bürgermeisterin Weist ,
    dieses alles einmal !! d u r c h – lesen wird ?!
    ( Statt stetig zu Foto-posieren )
    Zum W o h l e dieser Gladbecker-Bürgerschaft die diese Großbaustelle nicht vertragen kann !

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