Altschuldenlösung und fehlende Isolation: Landesregierung überfordert städtische Haushalte
10.08.2023 – Überschuldung – Der städtische Haushalt steht vor immensen Herausforderungen. Die erhoffte Altschuldenlösung bringt nicht die gewünschte Entlastung. Der Wegfall weiterer krisenbedingter Isolationsmöglichkeiten nimmt eingeplante Spielräume. Bürgermeisterin Bettina Weist und Stadtkämmerin Silke Ehrbar-Wulfen informierten deshalb in dieser Woche vor Beginn der Haushaltsberatungen Politik und Öffentlichkeit über die Pläne des Landes und die Auswirkungen auf die städtischen Finanzen. „Natürlich haben die hoch verschuldeten Kommunen in NRW, und damit auch die Stadt Gladbeck, ein großes Interesse an einer Schuldenentlastung. Die Lösungen müssen aber auch funktionieren“, so Bürgermeisterin Bettina Weist.
Der gordische Knoten Gladbecks
Die Schuldenspirale Gladbecks dreht sich unaufhörlich. 333 Mio. Euro steht die Stadt in der Kreide. Dazu kommen noch Kassenkredite (vergleichbar mit Überziehungskrediten) im hohen zweistelligen Mio.-Bereich. Als wäre das nicht schon schlimm genug, wurde kürzlich bekannt, dass Gladbeck die einzige Stadt im Kreis RE ist, deren Schulden weiter steigen – während sie in allen anderen Städten sinken. Dazu kommt in Gladbeck die höchste Arbeitslosenquote im Kreis RE.
Einige kostenträchtige Maßnahmen der Stadt stoßen deshalb bei vielen Bürgern auf Unverständnis. Für 11 Mio. Euro kaufte die Stadt im letzten und diesem Jahr Grundstücke längs der B224 um den Autobahnausbau zu stützen. Das ist aber Aufgabe des Bundes und nicht der Stadt.
Der Ritt in die Überschuldung ist zum großen Teil hausgemacht.
Die Eckpunkte zur Finanzierung einer Altschuldenlösung hatte das Land NRW bereits im Juni beschlossen. Die vorgeschlagene Lösung wurde von vielen Kommunen – darunter auch Gladbeck – kritisch gesehen, da sie sich nur auf Liquiditätskredite, also in der Regel kurzfristige Verbindlichkeiten für laufende Ausgaben, bezieht. „Die Kommunen müssen dem Land die abgelösten Schulden durch Abzüge der jährlichen Zuweisungen über die nächsten 40 Jahre zurückzahlen – und das in doppelter Höhe. Ich empfinde die Regelung wie ein Shakehands mit der Rechten, während wir gleichzeitig von links eine schallende Ohrfeige erhalten“, ordnet Stadtkämmerin Silke Ehrbar-Wulfen ein.
Überschuldung: keine Lösung in Sicht
Aus Sicht der Stadtverwaltung ist es dabei unumgänglich, auch eigene Landesmittel – nach dem Vorbild anderer Länder – in die Finanzierung einzubringen. „Ansonsten besteht die große Gefahr, dass die Städte gar nicht anders können, als die Altschulden in den Folgejahren wieder aufzubauen – und das voraussichtlich in weniger als den zur Abzahlung vorgesehenen 40 Jahren…“, mahnt die Kämmerin. Das Land hält sein Vorgehen dennoch für gerechtfertigt.
Die betroffenen Kommunen sparen durch die Tilgung der Darlehen schließlich Zinszahlungen ein. Dabei kann das Land aber nicht von den zurzeit üblichen Zinsen als Entlastung ausgehen.
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„Im Klartext“, so die Kämmerin, „erfolgt die Entlastung nicht – wie sowohl von den Kommunen als auch vom Bund gefordert – aus Mitteln des Landes.“ Das Einbringen eigener Mittel des Landes sei nur im Ausnahmefall vorgesehen. Dabei trifft die Verschlechterung vor allem die Kommunen empfindlich, die auf Grund ihrer geringen Finanzkraft hohe
Zuweisungen vom Land erhalten, also auch die Stadt Gladbeck.
Die tatsächlichen Zinseinsparungen sind in Gladbeck zu niedrig, um die Reduzierung der Zuweisung aufwiegen zu können. „Nach vorläufigen Berechnungen fehlen der Stadt Gladbeck dadurch im Jahre 2024 eine halbe Million und ab 2025 rund eine Million Euro jährlich für ihren Haushaltsausgleich. Und das, obwohl die Stadt gleichzeitig mit hohen zusätzlichen Ausgaben rechnet, um beispielsweise die gestiegenen Sozialausgaben oder die zusätzlichen Schul- und Kitaplatzbedarfe decken zu können“, rechnet die Stadtkämmerin vor.
Zur Reduzierung der Überschuldung soll der Bund betragen
Helfen könnte es, wenn der Bund noch die andere Hälfte der Liquiditätskredite übernehmen würde. Aber, so die Bürgermeisterin: „Der Bund hat seine Finanzierung nur für den Fall zugesagt, dass alle betroffenen Länder ihrerseits eine nachhaltige Schuldentlastung vorsehen. Aufgrund dessen, dass die zur Verfügung gestellten Mittel den Kommunen im Nachgang wieder entzogen werden, ist NRW hiervon weit entfernt.“
Für die Beteiligung des Bundes bedarf es zudem einer Verfassungsänderung. Ob es dazu kommt und vor allem, wann, ist nicht klar. Doch damit nicht genug: In den Jahren 2020 bis 2023 hat die Stadt Gladbeck den Haushaltsausgleich nur durch krisenbedingte Isolationsmöglichkeiten realisieren können. Die Städte haben – auf Geheiß des Landes – bis zum Jahr 2026 mit weiteren krisenbedingten Isolationsmöglichkeiten geplant.
Anfang Juli erhielten die Kommunen die Nachricht, dass diese Regelung für die kommunalen Haushalte über das laufende Jahr 2023 hinaus nicht verlängert wird. „Diese Einschränkung trifft uns für die Aufstellung der kommenden Haushalte hart.“ Die geplanten krisenbedingten Isolationen lagen für die nächsten drei Jahre bei insgesamt gut 28 Millionen Euro. Diese fehlen Gladbeck nun für den erforderlichen Haushaltsausgleich.
Die Stadt bemüht sich bereits seit Jahrzehnten, Einsparungen vorzunehmen und Prozesse zu optimieren. Mögliche Spielräume sind ausgereizt: Die inflationsbedingten Kostensteigerungen spüren nicht nur BürgerInnen, sondern auch die Stadtverwaltung. Explodierende Baukosten und deutliche inflationsbedingte Tarifsteigerungen sind nur zwei Beispiele. Demgegenüber stehen auf der Einnahmenseite vor allem Steuern, wie die Grund- und Gewerbesteuer. „Hier haben wir die Hebesätze in den letzten Jahren deutlich anheben müssen und haben damit die Gladbecker BürgerInnen in den letzten Jahren bereits stark beansprucht. Eine weitere Erhöhung wollen wir den GladbeckerInnen nicht zumuten“, so die Bürgermeisterin. Letztlich haben alle Einsparbemühungen nicht zu einer nachhaltigen und auskömmlichen Finanzausstattung der Kommunen geführt.
Selbstverwaltungsaufgaben nur mit ausreichenden Finanzen
„Dabei können wir nur mit finanzieller Stabilität die uns übertragenen Aufgaben, z.B. in den Bereichen der Bildung, der Integration und der Infrastruktur, effektiv erfüllen“, betont die Bürgermeisterin und ergänzt. „Darüber hinaus ist es unser Bestreben, dass die Stadt Gladbeck auch weiterhin Selbstverwaltungsaufgaben zum Wohle ihrer EinwohnerInnen ausüben kann.
Es gilt z.B. die lokale Wirtschaft zu stärken, die Lebensqualität zu erhalten und weiter zu verbessern. Diese wesentlichen Bestandteile unserer demokratischen Struktur sind Grundvoraussetzung einer gerechten und nachhaltigen Entwicklung auf kommunaler Ebene.“
Bürgermeisterin und Stadtkämmerin richten daher einen eindringlichen Appell an die Landesregierung. „Überarbeiten Sie die vorgelegte Lösung der Altschuldenfrage und überdenken Sie eine weitere Isolationsmöglichkeit der krisenbedingten Schäden zum Wohle der Kommunen!“ Denn hielte das Land an den Plänen fest, sehen die kommenden Jahre düster für viele Städte aus.
Polizeibericht aus Gladbeck | Mitteilungen der Stadt Gladbeck |
Einfach mal wie jeder private Haushalt oder jedes Wirtschaftsunternehmen an den „Sonderprojekten“ sparen. Da mal alles auf NULL fahren. Bei der Finanzlage verstehe ich immer weniger, warum ständig externe Beraterfirmen eingekauft werden müssen. Gibt es in der Stadtverwaltung keine faehigen Mitarbeiter aus denen Projektteams gebildet werden können? In der freien Wirtschaft ist so etwas gang und gebe….
Solange BMin ihren Spleen mit den unnötigen Ausgaben für
Kunstwerke durchzieht
hat Gladbeck wohl keine finanziellen Probleme, glaube ich.