Die Würde des Menschen ist unantastbar!
01.02.2022 – Neue Ausstellung in Dorsten – „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ lautet der Titel der aktuellen Ausstellung im Jüdischen Museum Westfalen. Menschenrechte gelten heute in allen demokratischen Gesellschaften als selbstverständlich. Historisch gesehen ist das Bewusstsein für allgemeine Menschenrechte schon sehr alt. Schon in der europäischen Antike gab es Vorstellungen von bestimmten Menschenrechten, doch waren diese meist nur bestimmten Gruppen vorbehalten.
Die Idee der Menschenrechte in unserem heutigen Verständnis und deren staatlicher Umsetzung wurde in der Zeit der Aufklärung unter anderem von den Philosophen Jean-Jacques Rousseau und Immanuel Kant geprägt.
Jeder Mensch ist deshalb wertvoll, weil er ein Mensch ist.
So erklärt Immanuel Kant die Menschenwürde: Dinge sind wertvoll, wenn wir sie brauchen können. Ein Schuh ist zum Beispiel wertvoll, wenn er passt und man mit ihm gut laufen kann. Wenn der Schuh kaputt ist und niemand mehr in ihm laufen kann, hat er keinen Wert mehr. Bei Menschen ist das anders: Auch wenn er krank ist. Auch wenn er nicht arbeiten kann. Wenn etwas immer einen Wert hat, sagt man: Es hat eine Würde. Jeder Mensch ist deshalb wertvoll, weil er ein Mensch ist.
Die Realität ist jedoch oftmals eine andere. In ihrem aktuellen, hier ausgestellten Bilderzyklus nimmt sich die Künstler Maria Antonia Bußhoff deshalb dieses Themas an. Genau genommen macht sie das schon immer. In all ihren Arbeiten stehen stets gesellschaftspolitische Aspekte im Mittelpunkt. Ihre Bilder wollen Botschaften vermitteln, wenn nötig, auch wachrütteln, und nicht nur schöner Schmuck sein. Zu den wiederkehrenden Themen in ihren bisherigen Ausstellungen, zwei davon waren auch im Jüdischen Museum Westfalen zu sehen, gehört u.a. die Schoa. Immer wieder ist es auch das Schicksal von Kindern, das die Künstlerin in ihren Bildern darstellt, Kinder in der Schoa, aber auch in vielen Kriegsgebieten.
Das große Thema „Menschenwürde“
Heute ist es mehr gegenwartsbezogen das große Thema „Menschenwürde“. Es ist ihr Versuch und ihr Anliegen mit den in dieser Ausstellung gezeigten Arbeiten, dem wieder erstarkenden alltäglichen Antisemitismus und der Unterdrückung und Ausgrenzung am Beispiel der jüdischen Gemeinschaften in Deutschland entgegenzuwirken. Den fast bedrohlich wirkenden Bildern „Staatsdiener“, „Followers“, „Holocaust“ hängen Bilder mit Motiven aus dem jüdischen Leben gegenüber. Diese Kontraste zeigen sich nicht nur in den Inhalten, sondern auch in der Farbwahl. Kraftvollen roten, grauen und blauen Farben stehen zarte, pastellartige Farben gegenüber.
Für diese Ausstellung hat die Künstlerin zum Thema „jüdisches Leben“ einige neue Arbeiten geschaffen u.a. ein mehrteiliges Bildwerk, das Szenen aus dem jüdischen Leben abbildet. „Schabbat Schalom“ hat sie es genannt. Im Zentrum steht das Anzünden der Schabbatkerzen. Im darüber hängenden Bildteil sehen wir zwei Talmudstudenten beim Lernen. Doch auch hier ist wie in der Realität eine latente Bedrohung vorhanden. An den Rändern erkennen die Betrachtenden Personen in deutlich aggressiven Posen.
Ein weiteres für die Künstlerin wichtiges Werk trägt den Titel „Nächstenliebe“. Mit dem Nächsten ist für sie nicht nur der soziale Partner, der Freund oder Familienangehörige gemeint, sondern jeder Mensch, der verwundbar ist. Die in dem mehrteiligen Bildwerk dargestellten Frauen und Kinder beziehen mit ihrer freundlichen, offenen und kommunikativen Mimik die Betrachtenden in ihre Kommunikationsbereitschaft ein.
Mit vielen ihrer Bildwerke wirft die Künstlerin einen Blick auf die deutsche Geschichte. Sie stellt unter anderem Personen vor, die aufgrund ihrer Funktionen bzw. mithilfe ihrer Funktionen im Staat ihre Macht missbraucht haben. Personen, die sich voll und ganz dem Staat widmen, wurden bzw. werden auch als Staatsdiener bezeichnet. Zwei zentrale Arbeiten in dieser Ausstellung heißen daher auch „Staatsdiener“.
Maria Antonia Bußhoff zeigt diesen Machtmissbrauch anhand einiger bekannter Protagonisten auf: König Friedrich II. (der Große), Reichskanzler Otto von Bismarck, Kaiser Wilhelm II., Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg, Heinrich Himmler, Walter Ulbricht und Hans Globke. Einige handelten mit militärischer bzw. physischer Gewalt, andere mit den Mitteln der Bürokratie und der Jurisprudenz.
Menschenverachtender Rap
In ihrer Beschäftigung mit dem alltäglichen Antisemitismus und der Anfeindung der jüdischen Gemeinschaften muss sie nach möglichen Motiven manchmal nicht lange suchen. Da reicht es schon aus, sich aktuelle Musikbeiträge genauer anzuhören. „Mache mal wieder´nen Holocaust“. Millionenfach ist dieser Rap 2018 mit seinen menschenverachtenden Zeilen gestreamt und als „Kunst“ gesellschaftlich wie juristisch akzeptiert worden.
Viele Porträtdarstellungen, vor allem von jüdischen Personen, sind inspiriert durch Fotos zweier Fotografen, die in den 1920er und 1930er Jahren in Osteuropa viele Fotos in den Shtetln und Ghettos gemacht haben. Es sind Roman Vishniac (1897-1990), der von 1935 bis 1939 im Auftrag des Berliner Büros des American Jewish Joint Distribution Committee Fotos machte, und Alter Kacyne(1885-1941). Auf seinen Lese- und Vortragsreisen in die entlegensten Winkel Polens, als Schriftsteller war er ein Wegbereiter der jiddischen Literatur, war die Kamera sein ständiger Begleiter.
Gezeigt werden in der Ausstellung sechs großformatige mehrteilige Bildwerke. Ergänzt werden die Bildwerke durch porträtähnliche Bilder von jüdischen Menschen, vor allem Kinder. Diese Bilder stehen in ihren pastellartigen Farbtönen und den meist auch lächelnden Personen in einem starken Kontrast zu den großformatigen Bildwerken.
Die Arbeiten von Maria Antonia Bußhoff bestehen oft aus mehr als nur einer Leinwand. Meist sind es zwei bis vier einzelne Bilder, eines hat hier sogar sechs Teile. Mit diesen mehrteiligen Bildwerken erweitert die Künstlerin die Perspektiven und führt verschiedene Erzählebenen ein. Ihre malerisch-virtuosen Bildwerke sind nicht nur „Kunst“, sondern immer auch politisch. Dr. Maria-Antonia Bußhoff arbeitet als freischaffende Künstlerin. Sie ist Meisterschülerin der Kunstakademie Düsseldorf.
Zu sehen ist die Ausstellung vom 30. Januar bis zum 20. März 2022.
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