In Butendorf gibt es eine Problemimmobilie
03.06.2020 – Problemhochhaus Steinstraße 72 – Vor 48 Jahren wurde das Problemhochhaus Steinstraße 72 in Gladbeck-Butendorf gebaut. Neun Stockwerke, 120 Wohnungen und 350 Bewohner, die in regem Kontakt zueinander stehen. Inzwischen ist es ein Problemhochhaus. Letzteres zeigte sich auch deutlich während der Corona-Krise – das Ordnungsamt musste regelmäßig hin, um das Abstandsgebot durchzusetzen.
Über das Haus Steinstraße 72 und seine Bewohner hat der WDR zwei Radiofeature von Reinhard Schneider gesendet.
Die 120 Wohnungen gehören nicht etwa einer Wohnungsgesellschaft, sie sind an viele Eigentümer verkauft worden, die ihre Eigentumswohnungen überwiegend vermietet haben. Derzeit wohnen dort 235 Menschen aus 14 Nationen. Mehr als die Hälfte der Bewohner hat einen bulgarischen oder rumänischen Pass.
Der einst gute Ruf des Hauses ist längst ruiniert, immer wieder gab es dort Ärger. Lärm, Gewalt, sehr häufig mussten in den vergangenen Jahren Polizei- und Feuerwehr ausrücken. Im Dezember 2016 ein Bewohner nach einem Wohnungsbrand. Ein ehemaliger Hausmeister sprach davon, dass es Zeiten gab, da „500 Jahre Zuchthaus“ dort versammelt waren.
Steinstraße 72 – „Feierlichkeiten bis in die tiefe Nacht“
Heute klagen Nachbarn über Schrottautos die dort rumstehen, einen nicht angemeldeten Autohandel und „Feierlichkeiten bis in die tiefe Nacht“. Und hin und wieder gab es auch Großrazzien mit mehr als 100 Beamten.
Solche Zustände machten das Haus auch für Journalisten interessant. Der Gelsenkirchener Journalist Reinhard Schneider hat schon 2010 für den WDR ein Radiofeature erstellt. „Neun Stockwerke Deutschland – ein Hochhaus in Gladbeck | Porträt einer Gemeinschaft“ hat er seine Reportage über das Hochhaus genannt.
Sieben Jahre später, 2017, besuchte Reinhard Schneider das Hochhaus wieder. Sein zweiter Beitrag über das Haus und seine Bewohner heißt: „Neun Stockwerke neues Deutschland | Zweiter Besuch im Hochhaus in Gladbeck“.
Polizeibericht aus Gladbeck |
Mitteilungen der Stadt Gladbeck |
Dazu noch eine Geschichte, die lief so ca. 1980. Der Mitarbeiter des Gladbecker Falkenheims wohnte an der Steinstraße in diesem Hochhaus. Den besuchten wir dort, bespielsweise zum Geburtstag. Was sofort auffiel: Sehr enge Wohnverhältnisse. Die Feier lief so bis zwei Uhr morgens. Eine Nachbarin feierte mit. Dann sah sie auf die Uhr und bemerkte: „Mein Mann kommt gleich von der Arbeit!“ Meine Nachfrage: „Was macht er denn beruflich? Ich dachte da so an Taxifahrer oder Nachtschicht auf der Hütte in Duisburg. Ihre Erwiderung: „Der ist hier in Gladbeck tätig, sein Job: Berufszocker?? Bei allen Besuchern stieg das Interesse. Dann tauchte der Ehemann (etwas übermüdet) auf und zeigte uns seine „Arbeitsmaterialien“: Einen Lederbecher und mehrere Würfel, in seiner Hosentasche Zigaretten, ein Feuerzeug und mehrere Hundert-Mark-Scheine. Dann die Frage eines anderen Geburtstagsbesuchers: „Habt ihr als Berufszocker auch eine Gewerkschaft?“ Großes Gelächter. Gegen vier Uhr am Ende der Feier angelangt, hielt ein Großtaxi vor dem Hochhaus, dem entstiegen fünf junge Frauen. Der Kommentar dazu: „Jetzt haben auch die Prostituierten aus Essen Feierabend und ruhen sich hier in ihren Wohnungen aus. Gladbeck live in den Achtzigern…