Immer mehr RentnerInnen beziehen Grundsicherung im Alter
27.05.2021 – Existenzsichernde Mindestlöhne – Die Zahl der Seniorinnen und Senioren, die Grundsicherung im Alter beziehen, ist 2020 auf einen Rekordwert gestiegen. Ein Stundenlohn von 12,23 Euro ist nötig, um nicht auf Grundsicherung angewiesen zu sein. Das geht aus Anfragen des MdB Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) hervor.
Wie viel muss ich verdienen, wie viele Stunden pro Woche und wie viele Jahre muss ich arbeiten, um am Ende meines Arbeitslebens auf ein Leben ohne staatliche Unterstützung hoffen zu können? Wie hoch müsste ein gesetzlicher Mindestlohn sein, der auch im Alter vor Armut schützt? Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Seniorinnen und Senioren mit Grundsicherung im Alter auf einen Rekordwert gestiegen. Das geht aus Anfragen von Matthias W. Birkwald hervor. Der rentenpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE hat die Daten ausgewertet:
Über eine halbe Million lebt von Grundsicherung
Ende 2020 waren mehr als 564.000 Menschen in Deutschland auf die staatliche Grundsicherung angewiesen, knapp 315.000 Frauen und 249.000 Männer. Ende 2019 floss Grundsicherung an 562.000 Menschen. Die Zahl steigt seit der Einführung im Jahr 2003 deutlich, damals waren lediglich 258.000 Menschen auf sie angewiesen.
Damit man mit und ohne den sogenannten Grundrentenzuschlag nach 45 Jahren Vollzeitarbeit eine Nettorente erreicht, die über dem durchschnittlichen Sozialhilfesatz in Deutschland liegt, müsste man zur Zeit für 12,23 Euro pro Stunde brutto, 39 Wochenstunden und 45 Jahre lang arbeiten. Dann stünde einem aktuell eine Rente in Höhe von 835 Euro netto zu. Das zeigt: Der gesetzliche Mindestlohn war bei seiner Einführung 2015 mit 8,50 Euro viel zu niedrig und ist es heute immer noch. Die Orientierung an den Tarifsteigerungen ist an sich sinnvoll; verpufft aber wegen des niedrigen Startniveaus.
9,60 Euro Mindestlohn schützen nicht vor Armut im Alter
9,50 Euro oder 9,60 Euro (2. Halbjahr) schützen weder heute vor Armut trotz Vollzeitarbeit, noch schützen sie nach einem 45 Jahre langen Arbeitsleben vor Altersarmut. Einen Ausweg aus dieser Sackgasse zeigt der Entwurf für eine EU-Mindestlohnrichtline auf. Er definiert angemessene Mindestlöhne in Höhe von 60 Prozent des Bruttomedianlohnes bzw. von 50 Prozent des Bruttodurchschnittslohnes.[1] Die Bundesregierung verweigert aber noch Aussagen auf dieser Basis. Das Statistische Bundesamt stellt erst für Anfang 2022 entsprechende Angaben in Aussicht.
Die neuen Zahlen des BMAS zeigen, dass wir von einem angemessenen Mindestlohn aktuell sehr weit entfernt sind: Damit man ohne Anspruch auf die sogenannte „Grundrente“ nach 45 Jahren Arbeit nicht gezwungen wäre, zum Sozialamt (Grundsicherungsschwelle 2020: 835 Euro) zu gehen, müsste der gesetzliche Mindestlohn heute 12,12 Euro brutto betragen und nicht 9,50 Euro.
Existenzsichernde Mindestlöhne: Komplizierte Berechnungen
Die sogenannte „Grundrente“ gleicht die Rentenlücke aus (notwendiger gesetzlicher Mindestlohn mit Grundrentenzuschlag: 7,27 Euro), es sind aber zu viele Menschen von ihrem Bezug ausgeschlossen. Gleichzeitig wird deutlich, dass erst ab einem gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 14,37 Euro diejenige Schwelle von 1.058 Euro erreicht wird, wenn neben dem Grundrentenzuschlag auch noch der neue Freibetrag in der Grundsicherung im Alter von 223 Euro (2020) gewährt wird.
Um das Verhältnis von angemessenen Löhnen, einer existenzsichernden Mindestsicherung auch im Alter und einem lebensstandardsichernden Rentenniveau wieder in ein ausgewogenes Gleichgewicht zu bringen, fordert DIE LINKE im Bundestag die sofortige Anhebung des Rentenniveaus auf lebensstandardsichernde 53 Prozent so wie im Jahr 2000, und der gesetzliche Mindestlohn muss auf 13 Euro angehoben werden.
Arm ist, wer weniger als 60 % des Durchschnitts der Gesamtbevölkerung bekommt
Die EU-Mindestlohnrichtlinie muss durch die Bundesregierung vorbehaltlos unterstützt und zügig verabschiedet werden. Außerdem ist es erforderlich, dass sich nicht nur der gesetzliche Mindestlohn, sondern auch die Mindestsicherung im Alter an den Armutsgrenzen der Europäischen Union orientiert. Eine Person gilt nach der EU-Definition (EU-SILC) als arm, wenn sie über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. Der aktuellste Schwellenwert für eine Person lag für das Jahr 2019 in Deutschland bei 1.176 Euro im Monat. Für das Jahr 2020 wird ein Wert oberhalb von 1.200 Euro erwartet.
Existenzsichernde Mindestlöhne
[1]Nach den aktuellsten Angaben des Statistischen Bundesamtes lag der durchschnittliche Bruttostundenverdienst (arithmetisches Mittel) von Vollzeitbeschäftigten im vierten Quartal 2020 bei 24,25 Euro. Der gesetzliche Mindestlohn müsste demnach also 12,13 Euro betragen.
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