Am 14. Mai wählen die Türken ihr Parlament und ihren Präsidenten
Die bevorstehende Wahl in der Türkei ist von historischer Bedeutung – auch für die in Deutschland lebenden türkischen Mitbürger
28.04.2023 – Türkei-Wahl – Vor 100 Jahren, im Oktober 1923, rief der damalige Regierungschef Mustafa Kemal (Ehrentitel: „Atatürk“, das heißt „Vater der Türken“) die Türkische Republik aus. In den Jahren danach formte er das alte osmanische Muslim-Reich mit enormer Energie um in eine westliche Demokratie.
Mit Grundprinzipien wie Gewaltenteilung, Gleichberechtigung von Mann und Frau, freiem Wahlrecht, Meinungs- und Pressefreiheit. Dazu ein an Mitteleuropa angelehntes Rechts- und Bildungssystem und die Einbettung der Wirtschaft in ein stabiles Währungssystem. Und nicht zuletzt: die Trennung von weltlichem Staat und privater, freier Religion.
„Der kranke Mann am Bosporus“, wie westliche Politiker, das anatolische Land bis ins 20. Jahrhundert hinein verspotteten, war damit zugunsten eines leistungsfähigen Staates endgültig von der Landkarte verschwunden.
Der amtierende türkische Präsident fährt das ihm anvertraute Land im Rückwärtsgang
Recep Tayyip Erdoğan ist nunmehr seit 20 Jahren an der Macht. Er war bis 2017 Ministerpräsident und ist seitdem – auf der Grundlage eines auf ihn maßgeschneiderten Präsidialsystems – umfassend befugter Staatspräsident. Schritt für Schritt zwingt er seitdem die Türkei weg von einer freiheitlichen Demokratie. Er will zurück in eine vom Islam geprägte und von ihm selbst dominierte Autokratie.
Türkei-Wahl: Erdoğan arbeitet mit undemokratischen Mitteln
Presse, Funk und Fernsehen hat Erdoğan praktisch gleichgeschaltet. Wer aus der Zivilgesellschaft oder in der Politik gegen ihn opponiert, muss mit Strafverfahren und Inhaftierung rechnen. Die Gewaltentrennung hat er zur Farce verkommen lassen. Die Justiz und die nationale Notenbank hat er sich de facto untergeordnet. Das türkische Parlament wurde mehr und mehr zu einer Akklamationsveranstaltung degradiert. Und nicht zuletzt: Das Bekenntnis zum Islam ist für Erdoğans Anhänger, ganz anders, als das Atatürk wollte, wieder zum politischen Machtinstrument geworden.
Die begründete Befürchtung ist, dass Erdoğan sein Land nach einer gewonnenen Wahl weiter umwandelt zu einer muslimisch geprägten Alleinherrschaft
Türkische Staatschefs haben schon mehrfach die systemische Schwächung der türkischen Demokratie versucht. Doch Atatürk, vor seiner politischen Karriere ein hochdekorierter General, hat dagegen vorgesorgt. Er hat das Militär gezielt mit einem robusten Mandat zur Verteidigung der demokratischen Republik ausgestattet. Damit erstickte die Armee dreimal (1961, 1971 und 1980) mit interimistischen, putschartigen Machtübernahmen Bestrebungen der damaligen Regierungen im Keim, den alten Gottesstaat wiedereinzuführen.
Die Armee hat Erdoğan für die Türkei-Wahl entmachtet
Erdoğan hat die Gefahr eines Eingreifens der türkischen Armee mit einem strategisch geschickten Schachzug ausgeschaltet. Nach dem (echten oder vermeintlichen?) Aufstand von Anhängern seines ehemaligen geistigen Ziehvaters und späteren Todfeindes Fethullah Gülen im Juli 2016 hat er sämtliche ihm nicht gewogenen Dienstgrade bis in die höchsten Spitzen des Militärs in die Wüste geschickt und durch Paladine seiner Macht- und Staatsvorstellungen ersetzt. Damit hat er das Militär politisch bis auf weiteres entmachtet.
Die eigentlich reiche Türkei liegt wirtschaftlich am Boden – die Menschen verarmen
Erdoğans Weg zur Selbstdarstellung als großer Führer ist – neben außenpolitischen Muskelspielen – gepflastert mit wirtschaftlich kaum nachvollziehbaren Fehlleistungen von nicht bezahlbaren Prestigevorhaben der öffentlichen Infrastruktur sowie von Palästen und großen Moscheen. Seine Reaktion beispielsweise auf die Erdbeben vom Februar 2023 mit mehr als 50.000 Toten und über drei Millionen Binnenflüchtlingen besteht dagegen aus großspurigen Ankündigungen, verbunden mit kurzfristigem Missmanagement. Leidtragende seiner Allüren sind Millionen einfacher Leute und viele Unternehmen.
Galoppierende Inflation von 85% in 2021
Die von der Regierung und der türkischen Notenbank gegen den Rat aller Fachleute auf Geheiß des Staatspräsidenten ungebremst galoppierende Inflation lag 2021 bei amtlich zugestandenen 85% pro Jahr. Sie liegt bis heute, trotz aller durchsichtigen staatlichen Wahlgeschenke, immer noch bei 55%. Analysten errechnen, dass Normalverbraucher wesentlich intensiver von der Teuerung getroffen sind. Der Wechselkurs der Lira zum Euro lag vor 10 Jahren noch bei 4 : 1, heute liegt er bei unglaublichen 20 : 1. Wegen dieses Wertverfalls können Industrie und Handel notwendige Komponenten und Leistungen nicht mehr im Ausland einkaufen. Ausländische Investoren haben ihr Engagement gestoppt und ihr Kapital aus der Türkei abgezogen. Die Wirtschaft arbeitet nur mit verminderter Kraft, teilweise liegt sie brach.
60% alle Arbeitnehmer bekommen 420 Euro Mindestlohn
Die Arbeitslosenquote liegt aktuell bei mindestens 11 %. Der monatliche Mindestlohn beträgt trotz zweimaliger hektischer Erhöhungen im Jahr 2022 zurzeit bei umgerechnet 420 €. Er hat sich mehr und mehr zu einem normalen Lohn entwickelt, von dem schätzungsweise 60 % aller türkischen Arbeitnehmer leben müssen. Das reicht den betroffenen Menschen angesichts der ständig radikal steigende Preise für Lebensmittel und Energie nicht, um sich auch nur halbwegs ordentlich zu versorgen. Dabei hat sich Erdoğan selbst vom einfachen Mann, der noch vor 20 Jahren mit seiner persönlichen Armut kokettiert hat, zu einem der reichsten Türken gemausert.
Der Ausgang der Wahl am 14. Mai ist so offen wie nie zuvor
Da das Militär als Regulativ nicht mehr funktioniert, hat sich erstmals in der türkischen Geschichte die eingeschüchterte und sonst zersplitterte türkische Opposition aus sechs Parteien auf den Ökonomen Kemal Kilicdaroglu als gemeinsamen Präsidentenkandidaten geeinigt. Hinter ihm können sich eigentlich alle versammeln, die das immer stärker und deutlicher zu Tage tretende autoritäre System mit seinen schlimmen Folgen für das Land und die Menschen erleiden müssen.
Opposition hat sich für die Türkei-Wahl auf einen gemeinsamen Kandidaten geeinigt
Das gemeinsame Wahlprogramm der Opposition ist klar und deutlich: Überführung des Präsidialsystems in ein parlamentarisches System, Stärkung des Rechtsstaats, Rückkehr zu einer funktionierenden Demokratie mit Pressefreiheit und Grundrechten für die Menschen, deutliche Beschneidung der Macht des Präsidenten. Damit soll – gut nachvollziehbar – die Basis für individuelle Freiheit und wirtschaftlich stabilen Wohlstand mit neuer Attraktivität für ausländisches Kapital geschaffen werden.
Meinungsumfragen zufolge hat das Parteienbündnis reale Chancen, mehr Stimmen auf sich zu vereinigen als die heute herrschende AKP mit Erdoğan an der Spitze. Dabei ist die Skepsis von Analysten wegen der grauen Möglichkeiten der herrschenden Klasse zur Wahlbeeinflussung und zu Schindluder mit den abgegebenen Stimmen nicht zu übersehen.
Die Türkei hat 85 Millionen Einwohner. Darunter sind 55 Millionen Wahlberechtigte. In Deutschland leben 2,9 Millionen türkischstämmige Mitbürger. Sie sind aus unserer Kultur, dem sozialen Zusammenleben und der Wirtschaft nicht mehr wegzudenken. 1,5 Millionen von ihnen haben einen türkischen Pass. Diejenigen von ihnen, die älter als 18 Jahre sind, haben in der anstehenden Wahl in der Türkei aktives Wahlrecht.
Der Vestische Kreis ist mit ca. 25.000 Türken geradezu eine Hochburg der türkischen Immigration, in Gladbeck stammen circa 14 % aller Einwohner aus der Türkei.
Die Stimmen der Türken in Deutschland könnten bei dem erwarteten knappen Wahlausgang der Türkei-Wahl zum Zünglein an der Waage werden
Selbstverständlich gelten auch für Türken in Deutschland die Freiheit der Wahl und das Wahlgeheimnis. In der Türkei glorifizieren die maßgebenden Organe von Presse, Funk und Fernsehen notgedrungen den amtierenden Präsidenten. Türken in Deutschland können sich aber uneingeschränkt über die wahren Zustände in ihrem Heimatland informieren. Dieses Vorrecht sollte Grundlage ihrer Wahlentscheidung sein. Niemand in Deutschland braucht sich von der türkischen Propaganda blenden zu lassen.
Jeder wahlberechtigte Türke in Deutschland sollte wissen: Wenn er mit seiner Stimme das jetzige Regime wählt, unterstützt er das weitere Abdriften der Türkei aus der europäischen Wirtschaft, von der er in Deutschland täglich profitiert. Er sorgt für die Abkopplung seines Landes aus der westlichen Verteidigungsgemeinschaft, die Grundlage auch seiner Freiheit ist. Wichtiger aber ist: Mitten aus seinem deutschen Wohlstand und der Freiheit, die er hier ungestört genießen kann, hilft er, die Unfreiheit und Armut seine Landsleute zu zementieren. Wer mit seiner Stimme aus dem sicheren und wohlhabenden Deutschland seine Landsleute in der Türkei einer Zukunft ausliefert, in der sie den weiteren Niedergang ihres Landes erdulden und erleiden müssen, handelt jedenfalls nicht ganz fair.
Polizeibericht aus Gladbeck | Mitteilungen der Stadt Gladbeck |
wenn ein älterer Gladbecker – türkischstämmiger Türke einem anderen Türken
natürlich auf türkisch einem anderen Türkischstämmige Mitbürger sagt:
yyyyyy
wer – nicht – Erdogan wählt *ist ein unehrenhafter Türke*…..
yyyyyy
in der Annahme, dass der mithörende Bürger kein türkisch versteht …. ;
Eine beeindruckende Analyse. Ergänzend wäre eine Abschätzung der realen Stimmen hinzu zu fügen:
Wenn von insgesamt 2,9 Millionen türkischstämmigen Mitbürgern nur 1,5 Millionen einen türkischen Pass haben, so wären davon wiederum ca. 75% auch in einem wahlberechtigten Alter.
Doch werden die alle auch wählen?
Die wahlberechtigten, türkischstämmigen Mitbürger leben mittlerweile in zweiter und dritter Generation in unserem Land. Viele von ihnen sind hier integriert und beherrschen nicht einmal mehr richtig die Muttersprache ihrer Vorfahren. Deren Interesse –und nicht nur deren– an der Wahl in der Türkei dürfte eher gering sein, was zu einer geringen Wahlbeteiligung führen wird. Wenn wir dafür 40 % zugrunde legen, ist das schon viel.
Es bleiben also von den insgesamt 2,9 Millionen hier lebenden, türkischstämmigen Mitbürgern nur 450 000 real Wählende, und die wählen auch nicht ausschlißlich die Erdogan-Partei. Wenn der türkische Sultan hier Wählerstimmen abschöpfen will, muss er sich gewiss mit nicht mehr als 300 000 Stimmen zufrieden geben. Schlimm genug, aber nicht so schlimm wie man befürchten könnte.
Ich bin Türke und konnte bei der vorletzten und letzten Wahl Erdogan Wähler verstehen, aber mittlerweile zeigt sich sein wahres Gesicht und die Wirtschaft leidet extrem darunter.
Der amtierende türkische Präsident fährt das ihm anvertraute Land
>>im Rückwärtsgang<>Türkei liegt wirtschaftlich am Boden – die Menschen verarmen <<
das aktl. Erdbeben !
Wer darf wieder helfen ?? Der "böse" Westen . klaro ;
yyyyyy
DAS scheint dieser besagten Wählerschaft irgendwo *dran vorbeizugehen * ?!?!!
Ihnen geht's doch hier – super gut, oder – ? !
Ich meine, dass -er – das wahre Gesicht schon lange ! zeigt ;
Aber, gut erkannt !