Die Stadt Gladbeck hat auf der Asienbrücke Verkehrsschilder „Zulässige Höchstgeschwindigkeit 30 km/h“ aufgestellt.
Gladbeck – 07.12.2024 – Tempo 30 – Schilda ist ein fiktiven Ort, so glaubten wir bisher. Er steht für Akteure, die in Erzählungen Schildbürgerstreiche begehen. Doch so ganz fiktiv scheinen die Erzählungen nicht immer zu sein. Wenn man die planlosen Aktionen der Stadt Gladbeck auf der Buerschen Straße betrachtet, kommt man auf den Gedanken, Gladbeck in Schilda umzubenennen.
Zur Genese der Ereignisse bis hin zum Tempo 30:
> Aufgrund einer geänderten Gesetzeslage für den Radverkehr, war die gemeinsame Fahrbahn für KFZ und Radfahrer auf einer Fahrbahn der Buerschen Straße nicht mehr zulässig.
> Die Stadt hat daraufhin einen einjährigen Versuch gestartet. Die Parkplätze (ca. 170) sollten auf der gesamten Länge der Straße beidseitig entfallen. Stattdessen sollte der Streifen den Radfahrern vorbehalten sein. Getrennt durch Markierungen fuhren dann KFZ und Fahrräder sicher und getrennt.
> Proteste, überwiegend aus der Gladbecker Autofahrerszene die die Parkplätze vermisste, führten dazu, dass die Politik gegen den Willen und Sachverstand der Stadtplaner einknickte und den einjährigen Versuch nach sechs Monaten abbrach.
> Seitdem darf wieder dort geparkt werden. Um nicht wieder den rechtswidrigen Zustand herzustellen, griff man zu einer „Krücke“. KFZ und Fahrräder nutzen seitdem wieder eine Fahrbahn, doch KFZ dürfen die Fahrräder nicht mehr überholen. Der erforderliche Mindestabstand von 1,5 Metern ist beim Überholvorgang nämlich nicht möglich.
> Auch gegen diese Regelung gab es Proteste. Immer wieder kam es zu Hubkonzerten hinter den Radfahrern, die nicht überholt werden durften.
> Kürzlich schrieb die Bürgermeisterin der Stadt Gladbeck einen Brief an den ADFC und andere Akteure. Darin deutete sie eine Lösung an, die zu „mehr Sicherheit“ führen solle.
> Seit einigen Tagen ist nun der Schilderwall durch das Tempo 30-Schild ergänzt.
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Tempo 30 ist zur „Problemlösung“ ein Witz und wahrscheinlich rechtswidrig
Grundsätzlich ist gegen ein Tempolimit von 30 km/h in Innenstädten nichts einzuwenden. Doch als Problemlöser ist die Regelung an der Stelle völlig unsinnig, Denn die Hupkonzerte und die Schlangenbildung, hinter den Radfahrenden auf der Asienbrücke, werden weiterhin bestehen bleiben. Pedelecs und Biobikes fahren auf dem Straßenstück eh nur max. 25 km/h. Sollen sie die 30 km/h nun als Aufforderung verstehen schneller zu fahren? 😉
Verkehrsstrafrechtlern fällt sicher sofort auf, dass der Verstoß gegen das Überholverbot für PKW eine höhere Strafe nach sich zieht, als die Geschwindigkeitsüberschreitung von 10 oder 20 km/h.
Solche Tempo 30-Zonen kann das Ordnungsamt der Stadt Gladbeck im Einvernehmen mit der Stadt in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte anordnen.
Allerdings: Die Anordnungen dürfen grundsätzlich nicht auf Vorfahrtstraßen erfolgen. Schon deshalb verbietet sich die Reduzierung auf Tempo 30 auf der Buersche Straße. Der gesamte Straßenverlauf der Buerschen ist nämlich unzweifelhaft Vorfahrtsstraße. An allen Einmündungen und Kreuzungen stehen deshalb deutlich erkennbar weiß-gelbe, auf die Spitze gestellte Rauten. Außerdem muss an Kreuzungen und Einmündungen einer 30km-Zone grundsätzlich die Vorfahrtregel „rechts vor links“ gelten.
Die Kreuzung mit der Erlen- und Bülser Straße ist aber beampelt. Auch deshalb: Tempolimit 30 ist hier nicht zulässig. Und im Gesetz steht ein weiteres Argument: Tempo 30 geht nicht auf Straßen des überörtlichen Verkehrs. Zwar ist die Buersche keine Bundes-, Landes- oder Kreisstraße. Sie ist aber offizielle Bedarfsumleitung für die A52 /B224. Sie dient also bei den täglichen Staus auf der Autobahn- und der Bundesstraße auf Gladbecker Gebiet als offizielle Ausweichroute für den Fernverkehr.
Nachzulesen ist das alles, wenn auch nicht unbedingt leicht verständlich, in § 45 Absatz 1 c der Straßenverkehrsordnung. Sie ist einheitliche und für alle Behörden verbindliche Gesetzesgrundlage für die gesamte Bunderepublik.
Unsägliche Entstehungsgeschichte der Situation
Die Tempo 30-Aktion ist insbesondere auch deshalb erstaunlich, wenn man sich die unsägliche Entstehungsgeschichte des gründlich missratenen und dennoch nicht von der Bürgermeisterin beanstandeten Ausschussbeschlusses vom 18. April 2024 vergegenwärtigt.
Im Rahmen des durch das Planungsamt veranlassten Beteiligungsverfahrens hat nämlich das Verkehrsdezernat der Münsteraner Bezirksregierung im Schreiben vom 5. April 2024 an die Stadt ausdrücklich zur nicht vorhandenen Möglichkeit der Temporeduzierung auf 30 km/h ausgeführt, und zwar unter Berufung auf Bundesrecht und dazu erlassene ministerielle Anweisungen:
„Aus den bundesrechtlichen Vorgaben „kann … nicht gefolgert werden, dass an Hauptverkehrsstraßen ohne Radverkehrsanlagen … eine Absenkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, wie zum Beispiel auf 30 km/h anzuordnen ist“. … Durch eine Temporeduzierung „darf eine zur nachhaltigen Sicherung separate Radverkehrsführung keineswegs ersetzt oder deren Herstellung verzögert werden. An Hauptverkehrsstraßen sollte immer auf eine räumliche Trennung von Kfz und Radverkehr hingewirkt werden.“
Das hat die Verwaltung offenbar gut verstanden. In ihrer Verwaltungsvorlage zum Planungsausschuss vom 18.04.2024 heißt es dazu wörtlich:
„Die zulässige Höchstgeschwindigkeit verbleibt bei 50 km/h. Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit wurde eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h für den Mischverkehr seitens der Verwaltung geprüft. Auf konkrete Abfrage bei der Bezirksregierung Münster als übergeordnete Straßenverkehrsbehörde … wurde von dort jedoch explizit erläutert, dass diese Option nur besteht, wenn faktisch keine Radverkehrsführung auf der betroffenen Strecke eingerichtet werden kann. Da dies, wie im Zuge des Verkehrsversuchs, möglich wäre, ist eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit unter 50 km/h nach gegenwärtiger Straßenverkehrsordnung nicht zulässig“.
Parkplätze: die heilige Kuh wird verteidigt
Mit den jetzt aufgestellten Tempo 30 – Schildern versucht die Stadt, die von ihr am Rand der Buerschen Straße und auf der Asienbrücke erzwungenen Parkplätze – Recht und Gesetz hin, Gefahren her – wie eine heilige Kuh zu verteidigen. Die unzulässig geschaffene und weiterhin bestehende, völlig verfahrene und gefährliche Verkehrssituation kann aber nicht durch weitere, offensichtliche Fehlleistungen zugekleistert werden.
Die Bürgermeisterin als Chefin von Rat und Verwaltung sollte endlich eingestehen, dass die vereinigten Kräfte im ihr unterstehenden Rathaus folgenschwere Fehler gemacht haben. Sie sollte dem Ordnungsamt schleunigst und dringend nahelegen, eine sichere und den Vorschriften entsprechende Verkehrslage herzustellen, auch wenn dies nur durch Verzicht auf die liebgewonnenen, aber nicht notwendigen Parkplätze möglich ist.
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Bei allem Respekt vor der Berichterstattung zu dem endlosen Drama auf der Buerschen Straße: den Vergleich mit Schilda halte ich für verfehlt. Schilda soll die Menschen zum Schmunzeln bringen. Das grob fehlerhafte Verhalten unserer Politiker taugt dagegen eher zum Weinen, zum Schämen und langsam auch zum Fürchten. Wie es der Artikel richtig analysiert, steht dabei die Untätigkeit der abgetauchten Bürgermeisterin im Mittelpunkt. Ich frage aber: warum merken die Ratsmitglieder von CDU und SPD nicht endlich, dass sie ihre geliebten Parkplätze so nicht weiter verteidigen können? Wollen sie wirklich (wie es ihre Streithelferin FDP in Berlin versucht hat) eine „Feldschlacht“ gegen die Gladbecker Radfahrer und die zu ihrem Schutz geschaffenen Gesetze durchstehen? Und so gewählt werden?
Bei den Ausführungen zur Rechtslage beschreibt indessen die NGZ ein erhebliches Detail nur unscharf.
Selbstverständlich muss – anders als dargestellt – die örtliche Straßenverkehrsbehörde die Befugnis haben, Tempo-30-Schilder aufzustellen, wenn dies nach einer unerwarteten Notsituation zur Sicherung des Verkehrs notwendig ist. Beispielsweise zur Bergung eines Unfallfahrzeuges, für die Neutralisierung einer Ölspur oder zur Beseitigung eines Baumes, der in einem nächtlichen Gewitter auf die Straße gestürzt ist. Aber: Die Behörde muss dann unverzüglich die erforderlichen technischen und verkehrlichen Maßnahmen treffen, um die Ursache der Gefahrenlage zu beseitigen. Nach deren Umsetzung muss sie die Geschwindigkeitsbegrenzung sofort wieder aufheben.
Einen solchen Ablauf könnte man jetzt auch auf der Buerschen Straße erwarten. Das Ordnungsamt der Stadt kann den gefährlichen Mischverkehr binnen 24 Stunden definitiv beseitigen, in eigener Zuständigkeit. Das Amt muss nur Parkverbotsschilder auf der Brücke und im weiteren Straßenverlauf aufstellen und danach die Einhaltung des Parkverbots überwachen. Das ist – siehe Schreiben der Bezirksregierung – schlicht und einfach die Herstellung des heute gesetzlich verbindlich vorgeschriebenen Zustandes für das Miteinander von Rad- und Autoverkehr auf öffentlichen Straßen. Dafür bedarf es weder einer großartigen Behörden-Abstimmung noch eines Verkehrsgutachtens und schon gar nicht eines erneuten politischen Beschlusses. Die Tempo-30 Schilder taugen jedenfalls nicht, um Zeit für weiters Nichtstun und zum Beibehalt der Parkplätze zu kaufen. Zur Erinnerung für alle, die Verwaltungsvorlagen nicht lesen und Gesetze nicht beachten möchten: „Oberstes Ziel der Straßenverkehrsordnung ist die Verkehrssicherheit“ (siehe § 1 VwV StVO).
Die vollständige Markierung des Fahrradstreifens auf der rechten Fahrspur ist, wenn auch verwittert, aus dem abgebrochenen Verkehrsversuch noch vollständig erhalten. Und außerdem: eine überraschende Notsituation ist der gefährliche Mischverkehr auf der Buerschen Straße beileibe nicht. Er ist ein von den nach wie vor Verantwortlichen politisch gezieltes und unzulässig geschaffenes Durcheinander. Die vor dem Ausschussbeschluss auf 9 DIN-A 4-Seiten für die Stadt niedergelegten, zwingenden Argumente der Bezirksregierung gegen den Ausschussantrag (die der Stadtbaurat in der Ausschusssitzung nochmals mündlich vorgetragen hat) beweisen, dass alle Beteiligten die mit der Umsetzung ihres Beschlusses Anfang Oktober geschaffenen Gefahren und Gesetzesverstöße bewusst in Kauf genommen haben.
Wenn das Ordnungsamt jetzt meinen sollte, es könne sich mit seiner 30er-Beschilderung auf seinen Lorbeeren ausruhen, hat dies mindestens zwei Konsequenzen:
Erstens: Kraftfahrer, die wesentlich schneller als 30 km/h auf der Brücke fahren, brauchen weder Bußgelder noch um ihren Führerschein zu fürchten. Niemand kann wegen eines Ordnungsverstoßes gegen Verkehrsregeln belangt werden, wenn die Verkehrsregeln selbst gegen die gesetzliche Ordnung verstoßen.
Zweitens: Wenn Radfahrer, die mit 10 km/h die Brückenrampe hochstrampeln, durch schneller fahrende Kfz zu Schaden kommen, haftet mindestens der Leiter des Straßenverkehrsamtes persönlich. Gegebenenfalls muss sich dann auch die Bürgermeisterin verantworten. Sie hat jedenfalls vollmundig verkündet, sie habe ihren Amtsleiter seiner Verantwortung enthoben und sich selbst an seine Stelle gesetzt. Beide sollten sich, nicht nur weil der Winter bevorsteht, warm anziehen.
Als Alltagsradler, finde ich die Aufstellung der Tempo 30 Schilder gut. Schließlich suggerieren mir diese auf dieser Hauptverkehrsstraße eine gewisse Sicherheit, wenn ich regelwidrig überholt werde… 😉
Tja die Parkhäuser stehen fast leer und auf der Burschestr braucht man einen Lagerplatz, zu Lasten des klimafreundlchen Verkehrs. Und die Bürgermeisterin versucht es mit einem Tempo 30 Schild zu lösen . Verrückte Welt.
Das zeigt uns die ganze Kompetenz die im Rathaus vorhanden ist, und das auf fast allen Gebieten :-((
Bin dort -gerade – auch hergefahren ( Auto) konnte vor Grinsen fast
„nicht mehr geradeaus“ fahren !
UND
selbstverständlich k e i n Radler / in weit und breit !
Nur mal so zu festhalten ! ( weil ja angeblich sooviele dort herum radeln sollen ????)