Große Fällaktion in Gladbeck steht bevor

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Große Fällaktion in Gladbeck steht bevor
Eine ganze Baumreihe ist rot markiert - das heißt, die Bäume sollen gefällt werden. Foto: Dr. Norbert Marissen

Über achtzig 100jährige Bäume in Gefahr

Rote Markierung an über 80 Bäumen

Von Dr. Norbert Marissen

20.01.2024 – Fällaktion – Die Anwohner/innen in der Nachbarschhaft des 5 ha großen Buerschen Wäldchen an der Gecksheide trauten Anfang Januar ihren Augen nicht. Mehr als 80 gesund aussehende 100jährige Buchen und Eichen hatten vom ZBG (Zentraler Betriebshof Gladbeck) die gefürchtete rote Markierung erhalten: wird gefällt.


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Die entstehende Aufregung nahmen die Grünen, deren Fraktionsvorsitzender zur Nachbarschhaft zählt, zum Anlass, zu einer Bürgerversammlung vor Ort einzuladen, um von den Vertretern des ZBG eine Erklärung zu erhalten. An einem kalten Dienstagnachmittag fanden sich knapp 70 meist ungehaltene, aber disziplinierte Anwohner/innen ein.

Update

Der ZBG teilte am 22.01.24 in einer Pressemitteilung mit:

Baumfällarbeiten im Buerschen Wald

Voraussichtlich in der sechsten Kalenderwoche werden die Fällarbeiten im Buerschen Wald stattfinden (WAZ und Stadtspiegel hatten dazu am 18.1.2024 berichtet). Aus Verkehrssicherheitsgründen werden 80 Buchen und Roteichen am Waldrand gefällt.

Anschließend werden Sträucher (Rotdorn, Schwarzdorn, Hartriegel und Pfaffenhütchen) und kleinkronige Bäume (Feldahorn) nachgepflanzt, so dass sich ein abgestufter und aufgrund des Artenreichtums ökologisch wertvoller Waldrand entwickeln kann.

Bauen am Waldrand macht Rückschnitte erforderlich

Die Vorgeschichte: Um das Jahr 2017 hat die Stadt eine waldrandnahe Bebauung am Ludwig-Bette-Weg erlaubt. Einige neue Bewohner/innen fühlten sich bald nach Einzug von überhängenden Ästen einiger Bäume am Grundstücksrand gefährdet und wünschten Sicherheit. Da die Bäume des Buerschen Waldes städtisches Eigentum sind, sah sich die Verwaltung gezwungen, den notwendigen Rückschnitt vorzunehmen.

Zu nahe am Waldrand gebaut
Dieses Haus wurde zu nahe am Waldrand gebaut. Deswegen sollen die markierten Bäume weg. Foto: Dr. Norbert Marissen

Es blieb aber nicht bei einem Rückschnitt, dieser war laufend erforderlich und verursachte damit unerwünschte Kosten. Das war dem ZBG dann im letzten Jahr zu viel und er entschied, die Bäume zu fällen. Offenbar kam man dann zu dem Schluss, dass sich die Fällaktion lohnen müsse, und so sollen nun auch solche Bäume weichen, die die Grundstücke gar nicht bedrohen, über 80 stattliche Exemplare.

Die ganze Baumgruppe soll weg
Diese ganze Baumgruppe soll der Fällaktion zum Opfer fallen. Foto: Dr. Norbert Marissen

Warum die Verwaltung 80 Bäume fällen will

An jenem kalten Winternachmittag begannen die städtischen Vertreter den frierenden Anwohner/innen zu erklären, warum die Fällung unabwendbar wäre. Sie sei für die Verkehrssicherheit für die Bewohner der Grundstücke zwingend. Nur die erste Reihe an den Grundstücksrändern zu fällen, reiche aber nicht, da Buchen nur in Gruppen gut wachsen würden. Die zurückbleibenden Buchen bekämen einen Sonnenbrand, und würden dann auch absterben. Deswegen müssten auch die anderen Bäume der Gruppe weichen. Auf den Zwischenruf, ob Gutachter befragt worden seien, gab die Verwaltung zur Antwort, dass das der ZBG selbst entscheidet. Ein Anwohner bemerkte wohl zu Recht, dass die Verwaltung mit dem Holz sehr viel Geld machen wird. Antwort des ZBG: Die Fällaktion koste ja auch viel Geld.

Bezirksförster wohl ahnungslos, BUND dagegen

Der ebenfalls anwesende Bezirksförster referierte anschließend allgemein über Waldpflege, ohne auf die konkreten Probleme einzugehen, die er offensichtlich nicht im Detail kannte. Die Vertreterin des BUND Gladbeck sprach sich für den Erhalt der Bäume aus. Jeder einzelne Baum sei wichtig. Deswegen solle man die freigestellten Buchen nicht im Vorgriff fällen, sondern sie mit einem Schutzanstrich versehen, so wie es auch in Zweckel gemacht worden sei. Warum über den konkreten Anlass hinaus so viele weitere Bäume weg sollen, sei überhaupt nicht zu begründen. Die städtischen Mitarbeiter wollten sich auf solche Argumente nicht einlassen und lehnten einen Schutzanstrich ab (zu teuer?). Stattdessen wolle man bereits vorhandene Jungpflanzen schonen und junge Bäume zu pflanzen. Dem hielt der BUND entgegen, dass es mindestens 500 Jungbäume brauche, um den Verlust einer einzigen 100jährigen Buche auszugleichen. Obwohl die Argumente der Stadt bei den Zuhörenden viel Unmut auslöste, blieb die Atmosphäre ruhig und sachlich.

Grüne werden sich nicht gegen das Abholzen wehren

Zur Überraschung der meisten Zuhörenden schloss sich der Fraktionsvorsitzende der Grünen den Ausführungen der Verwaltung an und meinte, wenn die Fachleute des ZBG das so sehen, dann könne man als Bürger wohl nichts mehr machen. Eine Grünen-Wählerin unter den Anwesenden war schockiert, eine andere Stimme, offenbar verzweifelt, rief: Wenn selbst die Grünen hier nichts tun, wen soll man denn dann noch wählen? Es stellt sich tatsächlich hier die Frage, ob man besorgte Bürgerinnen und Bürger so zurücklassen kann.


Polizeibericht aus Gladbeck Mitteilungen der Stadt Gladbeck

5 Kommentare

  1. Irgendwie drängt sich mir der Verdacht auf, dass in diesem Wäldchen Platz für Grundstücke geschaffen wir, in denen dann ein paar Villen stehen werden.

  2. Ich kann die Argumentation von Herrn Dr. Marißen und die Stellungnahme des BUND zur beabsichtigten Fällaktion der Stadt leider nicht richtig nachvollziehen.

    Unsere Stadtväter in Politik und Verwaltung haben doch wirklich alles lautstark erklärt, um die Umwelt und das Klima zu schützen. Im Rathaus wurde eigens ein Umweltbeauftragter mit mehreren MitarbeiterInnen etabliert, gut bezahlt und direkt dem Stadtbaurat unterstellt. In zahllosen öffentlichen Verlautbarungen hat die Bürgermeisterin immer wieder betont, dass Schutz von Klima und Umwelt wichtig und vorrangig für sie ist.

    Und über allem: der Rat der Stadt hat den dauerhaften Klimanotstand ausgerufen. Er bedeutet: alle Vorhaben der Stadt werden auf Klima- und Umweltschutz geprüft. Und wenn sie diesem Ziel nicht standhalten, werden sie gestoppt. Das ist doch wirklich strategisch durchdachte Politik!

    Bei so viel großen Worten sollte man frevelhafte Taten stets in mildem Licht betrachten. Niemand sollte wegen ein paar Dutzend Bäumen an den wortreich verbrieften Zielsetzungen unserer Stadtmütter und Stadtväter herummäkeln. Dass damit mitunter der Umwelt und dem Klima ein erheblicher Schaden angetan wird, ist doch wohl nicht so schlimm.

    Verständnis haben sollte man auch für die Mitarbeiter der Stadt, die ihre Arbeit vor Ort erledigen müssen. Für sie besteht selbstverständlich der tiefere Sinn von Bäumen darin, dass man sie mit einer ordentlichen Stihl-Säge kurz und klein machen kann. Ihnen ist es doch wirklich nicht zuzumuten, sich dem Klimagedöns ihrer Chefin und den sie tragenden Parteien samt wankelmütigen Grünen unterzuordnen.

    Und die finanzielle Seite: wenn die Stadt mehr als 10 Millionen für die Autobahn durch Gladbeck ausgibt, die der Bund dann doch nicht bauen wird, sollte sie wirklich genug in der Kasse haben, um mit ein paar Bäumen so umzugehen, dass ein paar Leute, die den großen Worten der Politik nicht trauen, nicht herummäkeln…

    Übrigens: wer wirklich Freude am Bäume fällen hat, sollte nach Brasilien fliegen. Dort geht es richtig rund. Holzfäller werden dringend gebraucht. Und wer Bäume liebt, sollte sich in Neuseeland umschauen. Die haben dort Milliarden von Bäumen, die die Kiwis tatkräftig Stück für Stück schützen. Das müssen sie auch, weil sie einen Klimanotstand nicht beschlossen haben, sondern ihr Land and und die Erde schützen, wo es ihnen möglich ist.

    • Matthias Raith, aus dem Blickwinkel
      sollte man diese Aktion allerdings – auch – mal betrachten !
      yyyy
      Ist aber in Gladbeck dieser SPD Politik wohl egal !!?

  3. ich hoffe nur, das wenigstens vorsichtig vorgegangen wird und auf mögliche Baumbewohner, z.B. Fledermäuse im Winterschlaf, geachtet wird. Verständnis habe ich für solch eine Aktion nicht!

    • „Der ebenfalls anwesende Bezirksförster referierte anschließend allgemein über Waldpflege, ohne auf die konkreten Probleme einzugehen, die er offensichtlich nicht im Detail kannte.“
      yyyy
      Oder, er wollte den Aussagen des ZBG-`Mitarbeiters nicht widersprechen??
      Ich glaube allerdings, dass Seitens ZBGs nicht *einfach so* Bäume um des Fällens Willen umgehauen werden!?
      Sach-Fachliche Kompetenz sollte man doch schon unterstellen!
      Traurig genug, dass – überhaupt – Bäume absterben ;
      yyyyy
      Und da ist mir der Schutz der Menschen die gefährdet sind, schon wichtiger, als Fledermäuse!
      Es gibt auch noch andere Tiere die hier rumstöbern: im Buerschen – Büschken, Haus-Hunde z.B.
      mit Herr-Frau-chen nämlich, oder?!

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