
Ex-Pfarrer erntet für abstruse Ansichten viel Kritik
von Ralf Michalowsky
Gladbeck – 11.04.2025 – Brachthäuser – Wer nicht dabei war, wird kaum glauben was sich gestern in der VHS Gladbeck abspielte. VHS und Heimatverein hatten den ehemaligen Pfarrer von Butendorf, Ralph Eberhard Brachthäuser, zu einem Vortrag über die 1932 stattgefundene „Saalschlacht von Kiekenberg“ eingeladen.
Angekündigt war das mit überraschenden neuen „Forschungsergebnissen“ von Brachthäuser. Das führte dann wohl dazu, dass sich etwa 35 ZuhörerInnnen einfanden. Seine überraschenden neuen Erkenntnisse entpuppten sich allerdings als eher infantile Erbsenzählerei: Bei der Saalschlacht habe es nicht zwei Tote und 29 Verletzte gegeben, sondern sogar 33 Verletzte, hat Brachthäuser ermittelt.
Jetzt müssen wir wohl den Verlauf der letzten 90 Jahre unserer Stadtgeschichte völlig neu denken!
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Brachthäuser spricht anderen die Kompetenz ab
Ein Vortrag über die „Saalschlacht bei Kiekenberg“ kann nicht vollkommen sein ohne den Historiker Prof. Dr. Frank Bajohr (Jahrgang 1961) zu erwähnen. Der leitet inzwischen das Leibniz-Institut für Zeitgeschichte und ist dort für das Zentrum für Holocaust-Studien verantwortlich. 1983, noch als Student, veröffentliche er „Verdrängte Jahre. Gladbeck unterm Hakenkreuz“. In dem Buch hatte Frank Bajohr auch über die Saalschlacht berichtet.
Brachthäuser sprach abfällig über Bajohr, der damals Juso-Vorsitzender in Brauck gewesen sei und nicht sauber recherchiert habe. Auch Bajohr habe von nur 29 Verletzten geschrieben! Erbsenzählerei pur! Wegen seiner abfälligen Bemerkungen über Bajohr gab es die ersten Zwischenrufe von Zuhörern, die das so nicht stehen lassen wollten.
In der ersten Stunde seines Vortrags konnte man über seine „wichtigen neuen Erkenntnisse“ noch schmunzeln. Wer allerdings auch auf den Subtext seiner Worte achtete, erkannte, dass er einen erzreaktionären Referenten vor sich hatte. Spitze Bemerkungen zu politischen Strömungen, die nicht in Brachthäusers politisches Weltbild passten, gab es zuhauf.
„Sogenannte Stolpersteine“: Brachthäuser drehte voll auf
Weil bei der Saalschlacht in Zweckel zwei Menschen ums Leben kamen für die in Gladbeck zwei Stolpersteine verlegt wurden, schlug Brachthäuser die thematische Brücke zu den Stolpersteinen. Die hält er für Teufelswerk und sprach mehrmals von den „sogenannten Stolpersteinen“. Seine Kritik basierte wiederum auf Erbsenzählerei „Kaplan Pöther hat nie in der Herz-Jesu-Kirche gewohnt (vor der sein Stein verlegt ist), sondern im benachbarten (20 Meter) Pfarrhaus“. Das allein sei schon unwissenschaftlich.
Brachthäuser: 1932 von Widerstand zu sprechen ist falsch
Und auf dem Stolperstein auf der Eichendorffstraße in Gladbeck-Butendorf, der einem der Opfer der Saalschlacht gewidmet ist, stünde, dass er im Widerstand gegen die Nationalsozialisten gestorben sei. Dass es schon 1932, ein Jahr vor der NS-Machtergreifung, Widerstand gegen Faschisten gegeben habe ließ Brachthäuser nicht gelten: „Da waren die Nationalsozialisten ja noch gar nicht an der Macht“. Außerdem seien die Nazis keine Faschisten gewesen! Der Mann müsste seine Vorstellungen darüber, was Widerstand und Faschismus ist, dringend überdenken!
Die Gladbecker Stolpersteine seinen von Kindern und Jugendlichen ohne jegliche Kompetenz verlegt worden. Außerdem sei eine Partei in der Stolperstein-Initiative aktiv, die vom Verfassungsschutz beobachtet würde. Empörung machte sich breit, denn auf Nachfrage wen er den meine, kam heraus, dass der inzwischen verstorbene Peter Jarosch gemeint war. Jarosch hatte über Jahre in Gladbeck Nazi-Aufkleber von den Laternen entfernt und es sich dann zur Aufgabe gemacht, mit Fahrrad und Hänger durch Gladbeck zu fahren um die Stolpersteine zu säubern und zu pflegen.
Kleider machen Leute
Ralph Eberhard Brachthäuser, Jahrgang 1962, war von 1998 bis 2010 Pfarrer in Heilig Kreuz, Gladbeck Butendorf. Nach kurzen beruflichen Episoden in Oberhausen und in Essen (dort als Klinikseelsorger), hat ihn der Essener Bischof seines Amtes enthoben. Er ist kein Pfarrer mehr, darf als solcher nicht tätig werden und ihn mit „Herr Pastor“ anzureden ist schon gar nicht richtig.
Warum er aus dem kirchlichen Dienst entlassen wurde? Darüber schweigen sich auch Insider aus.
Er tritt weiterhin in der üblichen Priesterkluft auf. Auf den Kollar am Hals will er nicht verzichten. Schließlich erhofft er sich davon eine gewisse Reputation, denn Wissenschaftler ist er nun mal nicht. Zumal man die Theologie nicht ernsthaft als Wissenschaft bezeichnen kann – denn sie basiert auf Glauben und nicht Wissen.
Brachthäuser, der gern andere kritisiert ist kein Historiker und kein Wissenschaftler. Deshalb sollte er auch nicht den Anschein erwecken. Er sollte sich mit der Einordnung als „Hobby“ zufrieden geben.
Der rote Stern sei Verhöhnung der Opfer
Brachthäuser störte sich an Jaroschs blauer Mütze mit dem kleinen roten Stern. Die Sowjetunion habe soviel Unheil über uns gebracht, dass es schon eine Verhöhnung der Opfer sei, deren Andenken Jarosch pflegte. Nun gut, Brachthäuser ist kein Historiker und auch kein Wissenschaftler. Andernfalls hätte er mitbekommen, dass die 70 Millionen Toten des Zweiten Weltkriegens ursächlich zustande kamen, weil Deutschland den Krieg angefangen hat.
Wirres Zeug
Im weiteren Verlauf seines Vortrags kam noch viel wirres Zeug zum Vorschein. Warum denn z.B. ein Pfarrer, der Dachau überlebte keinen Stolperstein bekommen hätte. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Gladbeck und seine Frau hätten zuletzt gar nicht in dem Haus gewohnt, vor dem ihre Stolpersteine jetzt liegen. Kaplan Pöther sei nicht „schutzversetzt“ worden – das hätte die Polizei mitbekommen. Es ist schwer, sich der Gedankenwelt Brachthäusers anzunähern.
Bürgermeisterkandidat der Gladbeck CDU mit Demokratiedefizit
Dem CDU-Bürgermeisterkandidat Peter Rademacher fällt die Annäherung nicht schwer
Während sechs, sieben Anwesende ihren Protest zu Brachthäusers Ausführungen äußerten, war der CDU-Bürgermeisterkandidat völlig anders drauf. Fünf Minuten lang lobte er Brachthäusers Vortrag und die „neuen Erkenntnise“. Der liebe „Pastor Brachthäuser“ hätte alles richtig gemacht – keine Wort der Kritik.
Rademacher ist ein Bruder im Geiste. Vor 20 Jahren war er schon stellvertretender Schriftführer der eucharistischen Ehrengarde Herz-Jesu Zweckel. Das formt den Verstand!
Ganz am Ende der Veranstaltung kündigte der Vorsitzende des Heimatvereins Gladbeck, Dietrich Pollmann, weitere Vorträge von Brachthäuser an.
Ich rate davon ab!
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Brachthäusers „Stolpersteine“, Vortrag am 10.4.25
Ich kann sagen, ich war da und kann nur bestätigen, was die NGZ berichtet.
Ein Elefant war angekündigt, er kreißte und gebar eine Maus. Zumindest was die „neuen Forschungsergebnisse“ bezüglich der Saalschlacht bei Kiekenberg anbetraf.
Meine Wahrnehmung war, dass die Ausführungen zur Saalschlacht als Vorwand dienten, zum Eigentlichen zu kommen, den nach Brachthäusers eigenen wissenschaftlichen Standards nicht genügenden Stolpersteinen. Dabei genügt er seinen eigen Ansprüchen nicht, wenn er zum Ende des Vortrags groß an die Wand projiziert: „Stolpersteine“, ein wissenschaftliches Ärgernis.
Brachthäuser verallgemeinert hier, das ist unwissenschaftlich.
Meine Auffassung ist, dass es Brachthäuser auch gar nicht um wissenschaftiche Korrektheit geht. Ihm passt es nicht, dass in Gladbeck Stolpersteine verlegt und gepflegt werden, und deshalb versucht er zu diffamieren und unterstellt den Initiatoren Laienhaftigkeit. Das ist für mich schlicht eine Unverschämtheit und Anmaßung. Er hat nach eigenen Angaben nicht mal versucht, mit den Initiatoren Kontakt aufzunehmen, um sie auf vielleicht fehlende Wissenschaftlichkeit hinzuweisen.
Peter Jarosch als Zeugen für die politische Ausrichtung der Initiatoren hinzustellen, weil er an seiner Kopfbedeckung den roten Sowjetstern trug, ist schon grotesk. Und dann ein Beispiel zu konstruieren mit einer eine Hakenkreuzbinde tragenden Person, die die Stolpersteine pflegt, ist einfach geschmacklos. Weshalb ich auch zornig die Veranstaltung vor dem Ende der Diskussion verlassen habe.
Kopfschütteln erzeugt bei mir die ständige Anrede des Herrn Brachthäuser als Herr Pfarrer. Pfarrer werden in der katholischen Kirche Priester genannt, die eine Gemeinde leiten. Herr Brachthäuser ist suspendiert, darf keine priesterlichen Dienste leisten, bleibt aber Priester, leitet aber keine Gemeinde. Warum also „Herr Pfarrer“?