Gütesiegel „Mein Fair-Mieter“ definiert Miet-Limit und fordert altersgerechtes Sanieren
Faire Miete im Kreis Recklinghausen: Maximal 7,00 Euro – Mangelware Seniorenwohnungen: 18.100 fehlen
22.06.2021 – Gladbeck – Seniorenwohnungen – Im Alter droht Mietern eine doppelte Hürde: Oft reicht die Rente nicht, um die Miete zu bezahlen. Zusätzlich sind die wenigsten Wohnungen im Kreis Recklinghausen seniorengerecht. Häufig wird dann schon ein Rollator zum Problem. Darauf hat das Pestel-Institut (Hannover) hingewiesen. Dessen Leiter spricht von einem „Doppelschock für Mieter“, die älter werden: „Genug Geld fürs Wohnen und eine altersgerechte Wohnung – das sind die beiden Punkte, an die jeder Mieter schon frühzeitig denken sollte“, sagt Matthias Günther.
„Fair-Mieter“-Siegel nur bei Einhaltung der Mietobergrenzen
Um Mieter möglichst effektiv vor einem „Miet-Reinfall“ zu schützen, hat sich der Leiter des Pestel-Instituts für die Schaffung des ersten bundesweiten Mieter-Gütesiegels stark gemacht. „Mein Fair-Mieter“ ist ein Label, das nur Vermieter bekommen, die strikte Kriterien einhalten. Allen voran eine – auch im Alter für viele Menschen noch – bezahlbare Miete. „Für den Kreis Recklinghausen bedeutet dies konkret, dass die durchschnittliche Nettokaltmiete fairer Vermieter in Datteln und Gladbeck 6,5 Euro pro Quadratmeter im Monat betragen darf. In allen übrigen Kommunen liegt die Obergrenze bei 7,00 Euro.“ Wer als Vermieter darüber liege, habe keine Chance, das „Fair-Mieter“-Siegel zu bekommen.
„Überwiegend sind es öffentliche Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungsgenossenschaften, die das Label nutzen. Sie wollen ihren Mietern zeigen, dass nicht der Profit, sondern sozial kalkulierte Mieten und ein guter Standard bei der Wohnqualität im Fokus der praktizierten Wohnungswirtschaft stehen“, so Matthias Günther.
Nur in der Hälfte der Seniorenwohnungen leben auch ältere Menschen
Ein Aspekt, der bei der Vermieter-Prüfung im Zuge der Label-Vergabe eine Rolle spiele, sei die Zahl der Wohnungen, die keine oder möglichst wenige Barrieren haben. Davon gebe es im Kreis Recklinghausen maximal 7.800, schätzt das Pestel-Institut. „Doch nur in rund der Hälfte der Seniorenwohnungen leben tatsächlich auch ältere Menschen. Altersgerechte Wohnungen ohne Schwellen und mit breiten Türen sind auch für Familien attraktiv: Wo Platz für einen Rollator oder Rollstuhl ist, kommt man auch mit einem Kinderwagen klar. Barrierearme Wohnungen bieten einen Wohnbonus – ein Luxusmerkmal fürs Wohnen“, sagt der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther.
Bei den Seniorenwohnungen treffe allerdings ein geringes Angebot auf einen hohen Bedarf. „Aktuell ist für den Kreis Recklinghausen von rund 22.000 Haushalten auszugehen, in denen Senioren leben, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Ältere Menschen also, für die eine mindestens barrierearme Wohnung die Voraussetzung für ein möglichst langes eigenständiges Wohnen ist. Da nur rund 3.900 von ihnen heute schon in einer Seniorenwohnung leben, lässt sich der Bedarf sehr konkret benennen. Aktuell fehlen im Kreis Recklinghausen rund 18.100 Seniorenwohnungen“, rechnet Matthias Günther vor.
Die „graue Wohnungsnot“ wird in den nächsten Jahren steigen
Dabei werde der Mangel an Wohnungen für Ältere – die „graue Wohnungsnot“ – in den kommenden Jahren steigen. Wer in den 60er-Jahren – im Babyboom-Jahrzehnt – geboren wurde, kommt demnächst ins Rentenalter. Der Jahrgang 1965 wird 2035 das 70. Lebensjahr erreichen. Dann wird es im Kreis Recklinghausen nach Berechnungen des Pestel-Instituts bereits 26.300 Haushalte geben, in denen Ältere mit eingeschränkter Mobilität leben. Ein Plus von 20 Prozent. Auch deshalb dränge er, so Günther, als Vorstand des Gütesiegels „Mein Fair-Mieter“ darauf, im Zuge von Sanierungen möglichst immer auch einen Teil der Wohnungen seniorengerecht umzubauen.
Mehr zum Gütesiegel „Mein Fair-Mieter“: www.meinfairmieter.de
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